Entscheidungsstichwort (Thema)

Urheberbenennungsklage des Erben eines verstorbenen Architekten: Reichweite der gesetzlichen Vermutung für eine Miturheberschaft an Bauplänen für einen Theaterneubau; Erstreckung der Urheberrechte auf das Bauwerk; Darlegungslast des Anspruchstellers

 

Leitsatz (amtlich)

1. Hatte ein zwischenzeitlich (im Jahre 1992) verstorbener Architekt (im Jahre 1955) in einem "Architektenteam" (Architekten-GbR) an einem Entwurf für einen Theaterneubau mitgewirkt, hatten die Architekten bei der Auflösung ihrer Zusammenarbeit eine Auseinandersetzungsvereinbarung geschlossen, nach der die Urheberrechte an der Planung der Restgesellschaft übertragen wurden und war anschließend der Entwurf zwar im Architektenwettbewerb mit dem ersten Preis ausgezeichnet worden aber nicht umgesetzt, sondern wurde stattdessen der Architektenvertrag über einen Theaterneubau seitens der Stadt (im Jahr 1955) aufgrund eines neuen Entwurfes mit den verbliebenen Mitgliedern des "Architektenteams" geschlossen, so kann der Erbe des vorstehend genannten (in der Restgesellschaft verbliebenen) Architekten keinen Anspruch auf Anerkennung dessen Miturheberrechte und Miturheberbenennung (im Zusammenhang mit dem 50. Jahrestag des Bestehens des Bauwerks) bzw. einen Unterlassungsanspruch hinsichtlich der Berühmung der Alleinurheberschaft an dem Bauwerk geltend machen. Insoweit fehlt es vorliegend an der Darlegung urheberrechtsrelevanter Schöpfungsbeiträge des verstorbenen Architekten. Die Vermutung des § 10 UrhG greift nicht ein, da ein Architektenvermerk auf Bauzeichnungen bzw. Bauplänen nur eine Vermutungswirkung für die Urheberschaft an den Plänen und Zeichnungen und nicht an dem Werk der Baukunst selbst begründet.

2. Zwar stellt die unveränderte Umsetzung eines Werks der Baukunst in einem Gebäude selbst urheberrechtlich eine Vervielfältigung der zugrunde liegenden Architektenpläne i.S.v. § 16 UrhG dar. Eine Vermutung der (Mit-)Urheberschaft des verstorbenen Architekten könnte sich daher allenfalls aus einem Architektenvermerk auf den für den Bau verwendeten Plänen und Entwürfen selbst ergeben. Diese Ursprungspläne bzw. -entwürfe wurden aber gerade nicht vorgelegt.

3. Selbst wenn gem. § 10 Abs. 1 UrhG gesetzlich zu vermuten wäre, dass der verstorbene Architekt (sowie der andere Restgesellschafter des "Architektenteams") Miturheber der in dem unstreitig beauftragten Entwurf verkörperten Gestaltungen sind und sich die Vermutung des § 10 Abs. 1 UrhG zugleich auf die Miturheberschaft des verstorbenen Architekten auf das Bauwerk selbst erstrecken würde, vermag dies den Ansprüchen nicht zum Erfolg verhelfen. Denn allein das Eingreifen der Urhebervermutung des § 10 UrhG entbindet den eine Miturheberschaft des verstorbenen Architekten in Anspruch nehmenden Erben im Streitfall nicht davon, zumindest einen geringfügigen eigenschöpferischen Beitrag zu dem gemeinsamen Werk darzulegen.

 

Normenkette

UrhG § 2 Abs. 1 Nr. 4, § 10 Abs. 1, § 16 Abs. 1, § 97 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Bochum (Urteil vom 25.11.2010)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 25.11.2010 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des LG Bochum wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des vollstreckbaren Betrages ab-wenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um die Urheberschaft an dem Theaterbau "Musiktheater im Revier" in H.

Die Klägerin ist die Tochter und Alleinerbin des am 15.12.1992 verstorbenen Architekten S2, welcher seit Anfang der 1950er Jahre mit dem Beklagten sowie den Herren I und E in einer in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts gegründeten Sozietät von Architekten, dem sog. Architektenteam mit Sitz in N verbunden war. Im Jahre 1955 schied E aus der Gesellschaft aus. In einer aus diesem Anlass zwischen den Herren E und I sowie dem Vater der Klägerin und dem Beklagten geschlossenen notariellen Auseinandersetzungsvereinbarung vom 10.9.1955 (Bl. 19 ff. GA) heißt es u.a.:

"Nach dem Ausscheiden von Herrn E werden die einzelnen Projekte der Gesellschaft von der Restgesellschaft und von Herrn E getrennt bearbeitet.

Bei der Restgesellschaft verbleiben:

1. Theaterbau H,

(...)

Des Weiteren überträgt Herr E seine Urheberrechte an Entwurf und Planung des Stadttheaters in H auf die Mitglieder der Restgesellschaft."

Das Architektenteam hatte sich als Personengesellschaft mit einem Entwurf an dem von der Stadt H ausgelobten Wettbewerb für den Bau des Theaters H beteiligt, welcher von der Jury mit einem ersten Preis ausgezeichnet worden war. Eine bauliche Umsetzung dieses Wettbewerbsentwurfs erfolgte nicht. Vielmehr wurde etwa 1955 ein neuer Entwurf vorgelegt, der Elemente des Wettbewerbsentwurfs beinhaltete, aber die Einsparung erheblichen Bauvolumens und damit verbunden...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge