Architekt kann sich kein dauerhaftes Zutrittsrecht vorbehalten
Hintergrund: Architekt will abgeschlossenen Umbau fotografieren
Ein Architekt hatte im Jahr 2013 den Umbau eines Wohnhauses geplant und begleitet. Der Architektenvertrag enthält folgende Klausel:
Der Auftragnehmer ist berechtigt – auch nach Beendigung dieses Vertrags – das Bauwerk oder die bauliche Anlage in Abstimmung mit dem Auftraggeber zu betreten, um fotografische oder sonstige Aufnahmen zu fertigen.
Im Jahr 2018 erbat der Architekt vom Bauherrn die Erlaubnis, das Haus zu betreten, um Fotografien anzufertigen. Der Bauherr lehnte dies ab, woraufhin der Architekt Klage erhob.
Entscheidung: Architekt hat keinen Zutritt
Die Duldungsklage des Architekten bleibt ohne Erfolg. Der Bauherr muss keinen Zutritt zum Haus gewähren.
Ein Anspruch auf Zutritt lässt sich nicht aus der Klausel im Architektenvertrag herleiten, denn diese benachteiligt den Bauherrn unangemessen und ist gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam.
Ein Architekt kann zwar ein berechtigtes Interesse haben, ein fertiggestelltes Bauwerk zum Fotografieren zu betreten; dies auch mehrfach, etwa um bei unterschiedlichen Lichtverhältnissen fotografieren zu können und auch längere Zeit nach der Fertigstellung der Baumaßnahme. Die hier verwendete Klausel enthält jedoch keinerlei Einschränkung, weder in zeitlicher Hinsicht noch hinsichtlich der Anzahl der Betretungstermine. Auch räumt sie dem Bauherrn nicht die Möglichkeit ein, das Betreten des Hauses gänzlich abzulehnen, sondern gibt diesem lediglich das Recht, sich mit dem Architekten über das Betreten abzustimmen. Eine solch uneingeschränkte Berechtigung stellt einseitig die Interessen des Architekten in den Vordergrund und lässt die Privatsphäre des Bauherrn außer Acht. Dies beeinträchtigt den Bauherrn entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen.
Die Klausel wird auch nicht dadurch zulässig, dass sie in vielen Verträgen enthalten und branchenüblich ist. Der Bauherr muss sich auch nicht darauf verweisen lassen, Möbel und sonstige Einrichtungsgegenstände gegebenenfalls zu entfernen oder abzudecken, um seine Privatsphäre zu wahren.
Auch aus dem Urheberrechtsgesetz (UrhG) kann der Architekt kein Betretungsrecht herleiten. Zwar kann der Urheber eines Werkes nach § 25 Abs. 1 UrhG von dessen Besitzer verlangen, dass ihm dieser das Werk zugänglich macht, soweit dies zur Herstellung von Vervielfältigungsstücken oder Bearbeitungen des Werkes erforderlich ist und nicht berechtigte Interessen des Besitzers entgegenstehen. Hier lag aber schon kein urheberrechtlich schutzfähiges Werk vor, weil es sich bei dem Umbau um eine von baulichen Gegebenheiten und technischen Regeln geprägte gewöhnliche Baumaßnahme ohne Besonderheiten handelte, so dass die erforderliche Gestaltungshöhe nicht erreicht war. Auf das UrhG konnte der Architekt sein Verlangen, ihm Zugang zu gewähren, daher auch nicht stützen.
(BGH, Urteil v. 29.4.2021, I ZR 193/20)
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