Mieter muss Fotografieren in der Wohnung nicht dulden
Hintergrund
Die Eigentümerin einer Wohnung beabsichtigt, diese zu verkaufen. Die Eigentumswohnung ist vermietet. Die Eigentümerin möchte in der Wohnung Fotos machen, um diese für ein Exposé und eine Anzeige im Internet zu verwenden. Der Mieter lehnt das Fotografieren seiner Wohnräume ab.
Die Eigentümerin meint, ohne Bilder aus der Wohnung sei es ihr nicht möglich, die Wohnung in zeitgemäßer Weise zu verkaufen.
Entscheidung
Der Mieter muss es nicht dulden, dass die Eigentümerin Fotos in der Wohnung macht.
Duldungspflichten des Mieters sind mit Ausnahme von der Modernisierung nicht gesetzlich normiert. Ein Duldungsanspruch kann sich allein aus § 535 BGB ergeben. Bei den Duldungspflichten sind die Rechte und Interessen der Vertragsparteien zu berücksichtigen und in einen angemessenen Ausgleich zu bringen.
Auf der einen Seite steht das Eigentumsrecht der Vermieterin. Hierzu gehört auch das Recht der Veräußerung. Auf der anderen Seite stehen das Besitzrecht des Mieters, sein allgemeines Persönlichkeitsrecht und das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung. Diese Interessen sind gegeneinander abzuwägen.
Bei der Abwägung ist zu berücksichtigen, dass die Vermieterin den unmittelbaren Besitz an der Wohnung durch die Vermietung freiwillig aufgegeben hat. Außerdem ist der Eingriff in die Privatsphäre des Mieters durch die Veröffentlichung von Bildern im Internet nicht unerheblich. Bilder aus der Wohnung erlauben einen Einblick in die grundrechtlich geschützte Wohnung des Mieters und seiner Familie, obgleich hierin gerade der grundrechtlich geschützte Rückzugsraum zu sehen ist.
Wohnung ist auch ohne Bilder verkäuflich
Demgegenüber weist der Eingriff in das Verwertungsrecht eine geringere Intensität auf. Auch wenn heute viele Wohnungen im Internet angeboten werden, ist eine Wohnung nicht deshalb fast unverkäuflich, wenn diese nicht mit Bildern im Internet inseriert wird. Auch im Internet werden Wohnungen nur mit Außenansichten und Grundrissen angeboten. Schließlich ist es nach wie vor üblich, dass Wohnungen in Zeitungen oder bei Maklern und nicht im Internet inseriert werden. Hinzu kam noch, dass es nach eigenen Angaben der Vermieterin schon Interessenten für die Wohnung gab.
Insgesamt haben hier die Interessen des Mieters Vorrang. Denn dieser würde durch die Fertigung und insbesondere Veröffentlichung der Fotos in seiner Privatsphäre nicht unerheblich betroffen, während die Vermieterin lediglich geringfügig in ihrem Eigentum eingeschränkt wird. Ob die Abwägung anders zu treffen wäre, wenn die Fotos lediglich für ein auf Papier in kleiner Stückzahl gedrucktes Exposé gefertigt werden sollten, kann hier dahinstehen.
Die Besichtigung der Wohnung durch Kaufinteressenten muss der Mieter hingegen dulden.
(AG Steinfurt, Urteil v. 10.4.2014, 21 C 987/13)
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