Rz. 457
§ 97 Abs. 1 UrhG gewährt Anspruch auf Beseitigung der Beeinträchtigung, bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung, wenn das Urheberrecht oder ein anderes nach diesem Gesetz geschütztes Recht widerrechtlich verletzt wird. Fällt dem Verletzer Vorsatz oder Fahrlässigkeit zur Last, kann er auch auf Schadenersatz in Anspruch genommen werden.
Rz. 458
Diese Norm dient dem zivilrechtlichen Schutz absoluter Schutzrechte, also solcher Positionen, die von jedermann zu beachten sind. Dazu zählen zunächst
Rz. 459
Zu den geschützten Rechten zählen auch die im Urheberrechtsgesetz geregelten Leistungsschutzrechte (§§ 70 bis 95 UrhG) sowie § 96 UrhG (betreffend rechtswidrig hergestellter Vervielfältigungsstücke und rechtswidrig veranstalteter Funksendungen) (siehe dazu § 5 Rdn 4 Muster (Klageanträge zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen) und die dazu gehörende Checkliste der Anspruchsgrundlagen nach dem Urheberrechtsgesetz und der Einwendungen gegen Unterlassungsansprüche), nicht hingegen die Verstöße gegen §§ 95a bis 95d UrhG (Schutz technischer Maßnahmen) (siehe Rdn 444 ff.).
Rz. 460
Maßgebliche Handlung ist die unerlaubte Nutzung. Überschreitet etwa ein Lizenznehmer das ihm eingeräumte, allerdings auf gewisse Handlungen beschränkte Nutzungsrecht (§ 32 UrhG), so sind nicht nur vertragliche Ansprüche betroffen, sondern eben auch solche aus § 97 UrhG. Denn die Überschreitung der Grenzen zulässiger Nutzung stellt zugleich einen Eingriff in die dem Urheber verbliebenen Verwertungsrechte dar. Auf der anderen Seite ist das bloße Bestreiten von ausschließlichen Nutzungsbefugnissen selbst noch keine unerlaubte urheberrechtliche Nutzung und daher nicht von § 97 UrhG erfasst.
Rz. 461
Im Hinblick auf den Unterlassungsanspruch muss Wiederholungsgefahr bestehen (Einzelheiten dazu siehe Rdn 469). Eine solche ist bei einer vorausgegangenen Rechtsverletzung grundsätzlich zu bejahen, entfällt allerdings bei Unterzeichnung einer strafbewährten Unterlassungsverpflichtungserklärung. Ausreichend ist auch die drohende, hinreichend konkretisierte Erstbegehungsgefahr, um im Wege der vorbeugenden Unterlassungsklage vorzugehen.
Rz. 462
Ein Beseitigungsanspruch besteht dann, wenn auch nach Unterlassung der verletzenden Handlung ein Zustand fortbesteht, von dem eine weitere Gefährdung des geschützten Rechts ausgeht. Es kann unter den erwähnten Voraussetzungen beim Unterlassungsanspruch vorbeugende Beseitigungsklage erhoben werden.
Rz. 463
Für den Fall, dass der Verletzer mit Vorsatz oder Fahrlässigkeit die Rechtsverletzung vorgenommen hat, wird Anspruch auf Schadenersatz gewährt. Entsprechend § 823 Abs. 1 BGB wird durch die Tatbestandsmäßigkeit auch die Rechtswidrigkeit indiziert, sodass bei einer in diesen Falle kaum denkbaren Rechtfertigung diese nicht gegeben wäre. Im Hinblick auf das Verschuldensmerkmal muss entweder Vorsatz oder Fahrlässigkeit vorliegen. Auf fehlendes Unrechtsbewusstsein kann es nicht ankommen.
Rz. 464
Hinweis
Der Nutzer fremder Werke muss in Zweifelsfällen Rechtsrat einholen und haftet bei anwaltlicher Falschberatung über § 278 BGB. Für den Rechtsanwalt gilt, dass er sich lediglich auf gefestigte höchstrichterliche Rechtsprechung verlassen darf.
Rz. 465
Aktivlegitimiert ist im Falle der Miturheberschaft jeder Miturheber (§ 8 Abs. 2 UrhG). Folglich ist jeder Miturheber berechtigt, Ansprüche aus der Verletzung des gemeinsamen Urheberrechts geltend zu machen, wobei die Leistung jedoch nur an alle Miturheber verlangt werden kann (§ 8 Abs. 2 S. 3 UrhG). Entsprechendes gilt für eine Mehrheit ausübender Künstler. Bei einer Künstlergruppe wird das Namensnennungsrecht der einzelnen Mitwirkenden insofern eingeschränkt, als unter gewissen Umständen nur das Recht besteht, als Künstlergruppe genannt zu werden (§ 74 Abs. 2 UrhG). Im Übrigen regelt § 80 UrhG das besondere Vertretungsrecht für die Künstlergruppe. Darüber hinaus werden auch Inhaber ausschließlicher Nutzungsrechte (§ 31 Abs. 3 UrhG) mit der Besonderheit geschützt, dass daneben dann auch die Urheber klagebefugt sind.
Rz. 466
Hinweis
Rechtsverletzungen durch Nutzer einfacher Lizenzen können allenfalls aus schuldrechtlichen, nicht aber aus dem alleine auf dingliche Rechtsverletzungen abstellenden § 97 UrhG geltend gemacht werden. Zwar können Inhaber eines einfachen Nutzungsrechts nicht aus eigenem Recht Klage erheben. Allerdings besteht die Möglichkeit der Einräumung einer gewillkürten Prozessstandschaft. Voraussetzung dafür ist die Zustimmung des Rechtsinhabers sowie die Geltendmachung eines eigenen Interesses an der Rechtsverfolgung.
Rz. 467
Besonderheiten sind bei der Passivlegitimation ("Verletzerbegriff") zu beachten: Es haftet nicht nur der unmittelbar Handelnde, sondern auch derjenige, der die Urheberre...