Rz. 170
§ 93 UrhG regelt, dass Urheber des Filmwerkes oder der zu seiner Herstellung benutzten Werke sowie die Inhaber verwandter Schutzrechte, die bei der Herstellung des Filmwerkes mitwirken oder deren Leistung zur Herstellung des Filmwerkes benutzt werden, hinsichtlich der Herstellung und Verwertung des Filmwerkes nur gröbliche Entstellungen oder andere gröbliche Beeinträchtigungen ihrer Werke oder Leistungen verbieten können und hierbei aufeinander und auf den Filmhersteller angemessene Rücksicht zu nehmen haben.
Rz. 171
§ 62 UrhG bestimmt, dass die in den §§ 45 bis 61 UrhG zugelassenen freien Werknutzungen, wie etwa das Zitatrecht (§ 51 UrhG), dem Änderungsverbot unterliegen. Besondere praktische Bedeutung hat in diesem Kontext § 39 UrhG, der regelt, dass der Inhaber eines Nutzungsrechts das Werk, dessen Titel oder Urheberbezeichnung nicht ändern darf, es sei denn, vertraglich ist etwas anderes geregelt oder dass der Urheber seine Einwilligung nach Treu und Glauben nicht versagen kann (Abs. 2). Rechtsprechung und Literatur haben sich mit zahlreichen Einzelfällen der Entstellung und Werkbeeinträchtigung befasst, die nachfolgend für einzelne Branchen erläutert werden: In der bildenden Kunst sind Verstümmelungen und Übermalung als Entstellung angesehen worden. Die Vernichtung von Werken der bildenden Kunst wird nach überwiegender Meinung nicht als Beeinträchtigung angesehen, da das Werk als solches nicht verändert werde.
Rz. 172
Hinsichtlich der darstellenden Kunst und der Literatur gilt, dass die Veränderung der Texte durch erhebliche Streichungen als Entstellung angesehen wird. Zu unterscheiden ist in diesem Zusammenhang zwischen direktem und indirektem Eingriff. Direkte Eingriffe sind solche, die das Werk, sei es in körperlicher (z.B. durch Veränderung einer Skulptur) oder in nichtkörperlicher Form (z.B. durch Aufführung eines Werkes in veränderter Form) betreffen. Ein indirekter Eingriff kann etwa darin liegen, dass ein Werk der bildenden Künste durch die Art seiner Ausstellung beeinträchtigt wird, etwa durch eine gewisse Art der Präsentation bei einer Ausstellung, die allerdings dann die objektiven Interessen des Urhebers beeinträchtigen muss. Hierzu zählt auch eine erheblich verletzende Kritik (Schmähkritik) an einer Kunstausstellung oder an einem sonstigen Werk eines Urhebers.
Rz. 173
Hinweis
Von großer praktischer Bedeutung sind Änderungen an Bauwerken. Problem dieser "Architektenfälle" ist, dass ein späterer Umbau im Hinblick auf die Werkart der Baukunst problematisch ist. Der BGH hat dazu ausgeführt, dass das Urheberrecht stillschweigend als selbstverständlich ein Änderungsverbot voraussetze. Denn dies habe seine Grundlage im Wesen und Inhalt des Urheberrechts. Daraus folge, dass auch der Eigentümer des Werkoriginals grds. keine in das fremde Urheberrecht eingreifende Änderung vornehmen dürfe. Es sei eine Abwägung der Interessen des Urhebers sowie des Eigentümers vorzunehmen. Zu beachten ist nunmehr die neue BGH-Entscheidung zum Designentwurf eines sog. Geburtstagszuges, wonach die früher zwingenden erhöhten Anforderungen an die Gestaltungshöhe nicht mehr verlangt werden. Es ging bei diesem Urteil zwar nicht um ein Bauwerk, sondern um die ebenfalls durch § 2 Abs. 1 Nr. 4 UrhG geschützte angewandte Kunst. Gleichwohl werden die dortigen Ausführungen auch den Schutz von Bauten, zumal den Innausbau, maßgeblich beeinflussen. Denn zwischen Baukunst und angewandter Kunst gibt es enge Verbindungen, was sich auch daran zeigt, dass diese auch den Schutz eines Entwurfes mit umschließen. Im Gegensatz etwa zu den Zeichnungen gem. § 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG, die nur in ihrer Ausführung selbst Schutz genießen, wird beim Design auch deren Umsetzung – wie in der oben erwähnten Entscheidung – als Spielzeug mit umfasst.
In einer aktuellen Entscheidung hat der BGH festgestellt, dass auch die Zerstörung eines Kunstwerkes im Rahmen des Umbaus eines Museums durch den Eigentümer als Entstellung anzusehen ist. Dabei sei zu berücksichtigen, ob es sich um das einzige Vervielfältigungsstück handelt und welche Gestaltungshöhe das Werk aufweist.
Rz. 174
Beispiel
Für die Fälle der Baukunst ist eine Entscheidung des OLG München instruktiv. Zu entscheiden war, in welchem Falle die nachträgliche Änderung der Gestaltung von Dachgauben einer Bauanlage eine Beeinträchtigung im Sinne des § 14 UrhG darstelle und welche Anforderungen an die Interessenabwägung zur Beantwortung der Frage, ob ein Verbietungsrecht bestehe, zu stellen seien. Parteien des Rechtsstreits waren einerseits der Architekt als Kläger, andererseits ein Hauseigentümer. Letzterer baute nachträglich (also nach Fertigstellung des Hauses) Standgauben ein. Demgegenüber hatte der Architekt so genannte Schleppgauben anbringen lassen, wohingegen der Hauseigentümer später ein Satteldach mit Standgauben erstellen ließ. In dieser Veränderung sah das Oberlandesgericht eine Beeinträchtigung im Sinne des § 14 UrhG, da die Sattelgauben die einheitl...