Rz. 175
Aus Sicht des Urhebers stellt sich die Frage, in welchem Maße er im Hinblick auf das Urheberpersönlichkeitsrecht Änderungen hinnehmen muss bzw. unter welchen Bedingungen es ein Bearbeitungsrecht gibt oder aber Werke der freien Benutzung unterliegen. Die Beantwortung dieser Frage ist deshalb so schwierig, weil in der Regel auch das Verwertungsrecht des Urhebers angesprochen sein wird und die demgegenüber auf der Seite der Kultur- und Medienwirtschaft korrespondierenden Nutzungsrechte besondere Regelungen treffen (§§ 31 ff. UrhG). Wenn also – wie in der in Rdn 174 besprochenen Entscheidung des OLG München – Änderungen im Hinblick auf den Entstellungsschutz des § 14 UrhG in gewissem Maße hinzunehmen sind, so würde ein unrichtiger Eindruck entstehen, wenn das Gesamtbild hier nicht vervollständigt würde.
Rz. 176
In diesem Zusammenhang ist auf § 3 UrhG zu verweisen, der den Werkcharakter der Bearbeitung herausstellt. Dort wird geregelt, dass Übersetzungen und andere Bearbeitungen eines Werkes, die persönliche geistige Schöpfungen des Bearbeiters sind, unbeschadet des Urheberrechts am bearbeiteten Werk wie selbstständige Werke anzusehen sind. Zugleich heißt es in Satz 2, dass unwesentliche Bearbeitungen eines nicht geschützten Werkes der Musik nicht als selbstständige Werke geschützt werden. Keine Bearbeitung ist danach die bloße Interpretation eines Werkes.
Rz. 177
Auch bei der Online-Nutzung eines Werkes gibt es Schutz gegen Beeinträchtigung und Entstellung. Durch das Einstellen eines Werkes in das Internet kann nicht unterstellt werden, dass der Urheber Veränderungen an diesem Werk bewusst in Kauf nimmt. Eine solche Einwilligung liegt insbesondere nicht in der Zustimmung zur Vervielfältigung durch Herunterladen und Abspeichern eines Werkes. Anders ist dies lediglich bei ausdrücklicher Einwilligung etwa dadurch, dass die Homepage den Hinweis enthält, Bildelemente zu kopieren und zu ändern. Allerdings gibt es auch dann Schutz vor groben Entstellungen.
Rz. 178
Beispiel
Die Verwendung von Musik als Handy-Klingelton ist als ein Eingriff in das Urheberpersönlichkeitsrecht nach §§ 14, 23 UrhG anzusehen, denn das entsprechende Musikstück wird dabei auf wenige Takte verkürzt, bearbeitet und als rein funktionaler Signalton einer Nutzung zugeführt, die in der Regel der Absicht des Urhebers nicht entspricht. Zudem wird ein vorhandener ästhetischer Spannungsbogen in dem Musikwerk durch das Annehmen des Gesprächs bewusst zerstört. Es handelt sich daher sowohl um eine Entstellung als auch um eine andere Beeinträchtigung des Werkes.