Rz. 628
Sind Mutter und Vater verheiratet, haben sie automatisch das gemeinsame Sorgerecht. Bei Minderjährigen ist der Vergleich von beiden Erziehungsberechtigten zu genehmigen (gemeinschaftliche Vertretung, § 1629 Abs. 1 S. 2 BGB, § 171 Abs. 3 ZPO), bei Halbwaisen vom überlebenden Elternteil (§§ 1680 Abs. 1, 1681 BGB).
Rz. 629
Auch unverheiratete Paare können das gemeinsame Sorgerecht bekommen. Das ist möglich, indem sie gemeinsam eine wirksame Sorgeerklärung (§§ 1626a ff. BGB) abgeben, nach der Geburt heiraten oder vom Familiengericht das gemeinsame Sorgerecht übertragen bekommen (§ 1626a BGB).
Rz. 630
Können sich beide Eltern in einer für das Kind erheblich bedeutsamen Angelegenheit nicht einigen, kann das Familiengericht auf Antrag eines Elternteils die alleinige Entscheidungsbefugnis einem Elternteil übertragen (§ 1628 BGB).
Rz. 631
Nach der Reform des Sorgerechts 2013 durch das NEheSorgeRG dürfen nun Väter auch gegen den Willen der Mutter die gemeinsame Sorge beim Familiengericht beantragen. Das NEheSorgeRG beinhaltet vor allem eine Erweiterung der Rechte unverheirateter Väter (vgl. §§ 1626a, 1671, 1678 Abs. 2, 1680 Abs. 3, 1747 Abs. 3 BGB). Nach Maßgabe des § 1626a BGB kann die Sorge beiden Eltern gemeinsam zustehen. Bei nicht-ehelichen Kindern ist ansonsten (nur) die Mutter zuständig (§ 1626a Abs. 3 BGB).
Rz. 632
Das gemeinsame Sorgerecht bleibt bestehen, wenn im Zeitpunkt der Geburt des Kindes miteinander verheiratete Eltern sich später trennen bzw. scheiden lassen. Das Familiengericht kann das Sorgerecht ganz oder teilweise einem Elternteil übertragen (§ 1671 BGB). Bei Geschiedenen bzw. getrennt Lebenden (§ 1672 BGB a.F.) entschied bis zum 19.5.2013 das Familiengericht über das Sorgerecht (§ 1671 BGB).
Rz. 633
Dauerhaft getrennt lebende Eltern mit gemeinsamem Sorgerecht müssen Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung für das Kind einvernehmlich regeln (§ 1687 Abs. 1 S. 1 BGB). Angelegenheiten des täglichen Lebens können aber vom demjenigen Elternteil allein entschieden werden, bei dem sich das Kind nach der Trennung bzw. Scheidung aufhält (§ 1687 Abs. 1 S. 2 BGB). Angelegenheiten des täglichen Lebens sind Entscheidungen, die häufig vorkommen und die keine schwer abzuändernden Auswirkungen auf die Entwicklung des Kindes haben (§ 1687 Abs. 1 S. 3 BGB). Auch bei weiter Auslegung des Begriffs der Alleinentscheidungsbefugnis in Angelegenheiten des täglichen Lebens gilt dies nicht für Abfindungserklärungen anlässlich einer Körperverletzung.
Rz. 634
Ist einem Elternteil die Sorge allein übertragen (§§ 1626a, 1671 BGB; auch im Fall des § 1628 BGB), vertritt dieser Elternteil das Kind (§ 1629 Abs. 1 S. 3 BGB) allein.
Rz. 635
Vater und Mutter sind nur gemeinsam vertretungsberechtigt (Gesamtvertretung, § 1629 Abs. 1 S. 2 Alt. 1 BGB), das Gesetz lässt im Einzelfall allerdings Einzelvertretung zu. Ist ein Elternteil tatsächlich (und nicht rechtlich) verhindert, die elterliche Sorge auszuüben (§ 1678 Abs. 1 BGB) (z.B. beim selben Verkehrsunfall ebenfalls schwer verletzt), übt der andere Elternteil die elterliche Sorge allein aus (§ 1678 Abs. 1 Alt. 1 BGB). Stand dem geschäftsunfähigen Elternteil die Sorge allein nach §§ 1626a Abs. 3, 1671, 1672 Abs. 2 BGB a.F. zu, wird ein Vormund (auf Initiative oder mit Unterstützung des Jugendamtes, § 50 SGB VIII) durch das Familiengericht eingesetzt (§ 151 FamFG, § 51 FGG a.F.).
Rz. 636
Bei Tod eines Elternteils oder Entziehung des Sorgerechts gilt § 1680 BGB. Stand die elterliche Sorge den Eltern gemeinsam zu und verstirbt ein Elternteil, steht die elterliche Sorge dem überlebenden Elternteil zu (§ 1680 Abs. 1 BGB). Stand dem verstorbenen Elternteil die elterliche Sorge nach §§ 1626a, 1671 BGB alleine zu, soll dem überlebenden Elternteil die elterliche Sorge übertragen werden, wenn dies dem Wohl des Kindes nicht widerspricht (§ 1680 Abs. 2 BGB). Entsprechendes gilt bei Entziehung des Sorgerechtes (§ 1680 Abs. 3 BGB).
Rz. 637
Hinweis
Angesichts der gesellschaftlichen Entwicklung kann kein Anwalt sicher sein, dass bei anwaltlicher Vertretung von Kindern die für das Kind erscheinenden Personen auch die familienrechtlich Vertretungsberechtigten sind.
Nachfrage und Aufklärung ist von daher häufig geboten.