Rz. 949

 

Hinweis

Siehe zur Sorgfalt im Prozess § 3 Rdn 314 ff.

 

Rz. 950

Soweit der Geschädigte Vermögenseinbußen (wie Mindereinkommen, Fortfall privatärztlicher Versorgung) erleidet, ist ein Schadenersatzanspruch gegenüber seinem Rechtsberater wegen Verletzung der Beratungspflichten (pVV des Mandatsvertrages) denkbar.[1026] Anwaltliche Kenntnisse[1027] haben sich auch auf das (gerade bei der Personenschadenregulierung wichtige) Zessionsrecht zu erstrecken.

 

Rz. 951

Zwar muss der Mandant ein Beratungsverschulden des Anwalts beweisen, doch erübrigt sich jede – weitere – Beweisführung, wenn Beratungsfehler des Anwalts nach dessen gesamtem Vorgehen in dieser Angelegenheit offensichtlich sind.[1028]

 

Rz. 952

Den beim Vergleichsabschluss mitwirkenden Anwalt trifft eine Beratungspflicht,[1029] die ihm auch vom Gericht nicht abgenommen wird.[1030] Die (rechtlich oder tatsächlich falsche) Vergleichsempfehlung des angerufenen rechtfertigt allein keine anwaltliche Empfehlung zu dessen Abschluss;[1031] für eine Fehleinschätzung des Gerichts kann der Rechtsanwalt u.U. haftbar sein (Rdn 329 ff.). Zu beachten ist aber, dass eine richterliche Empfehlung bei der anwaltlichen Beratung über die Vor- und Nachteile des beabsichtigten Vergleichs und die Abwägung des Für und Wider einen wichtigen Faktor bildet.[1032]

 

Rz. 953

Durch die Erteilung der Deckungszusage trifft den Rechtsschutzversicherer kein Mitverschulden an einem durch eine fehlerhafte Mandatsbearbeitung entstandenen Schaden (Rdn 933).[1033] Die vertraglichen Pflichten eines Anwaltes sind nicht dadurch modifiziert, dass die von ihm vertretene Partei rechtsschutzversichert ist. Die Pflicht des Rechtsanwalts zur Beratung des Mandanten über die Erfolgsaussichten einer in Aussicht genommenen Rechtsverfolgung besteht unabhängig davon, ob der Mandant rechtsschutzversichert ist oder nicht.[1034] Das gilt auch, wenn der Mandant nur einen Auftrag unter der Bedingung einer Deckungszusage erteilt.[1035] Der Schadenersatzanspruch des Mandanten wegen Falschberatung geht auf Ersatz der ihn treffenden Kostenlast für Gericht, gegnerischen Anwalt und eigenen Anwalt. Sofern eine Rechtsschutzversicherung eingetreten ist, geht dieser Ersatzanspruch nach § 86 VVG auf den Rechtsschutzversicherer über.[1036]

 

Rz. 954

Es besteht ein Auskunftsanspruch eines Dritten gegenüber der Landesjustizverwaltung oder der Notarkammer hinsichtlich des Namens und der Adresse des Berufshaftpflichtversicherers sowie der Versicherungsnummer nach § 19a Abs. 6 BNotO.[1037]

 

Rz. 955

Aus einer anwaltlichen Fehlberatung resultiert kein Schmerzensgeld. Rücksichtnahme auf die psychische Befindlichkeit des Mandanten ist zwar Ausdruck sozialer Kompetenz und Verständnisfähigkeit des Anwaltes, nicht aber seine Rechtspflicht. Im Rahmen des Anwaltsvertrages bestehen keine Obhutspflichten für die psychische und geistige Verfassung des Mandanten. Die psychische Fehlverarbeitung fehlerhafter Auskünfte ist grundsätzlich dem Empfänger überantwortet, jedenfalls soweit es allein Risiken und Bedrohungen in Bezug auf die eigene Vermögenslage betrifft.[1038] Belastungen hieraus sind dem allgemeinen Lebensrisiko zugewiesen. Erteilt ein Rechtsanwalt im Rahmen seiner Beratungstätigkeit eine falsche Auskunft (z.B. zu Haftung oder Höhe der Ansprüche) und führt dieses zu Angstzuständen beim Mandanten, hat letzterer keinen Schmerzensgeldanspruch gegen seinen Berater.[1039]

[1026] Siehe LAG Schleswig-Holstein v. 18.7.2006 – 2 Sa 155/06 – BeckRS 2006, 43685 = NZA-RR 2006, 568 (BAG hat NZB nicht abgeholfen, Beschl. v. 18.10.2006 – 5 AZN 737/06); OLG Köln v. 26.7.2017 – 5 U 9/17 – BeckRS 2017, 145871 = openJur 2019, 17613 = VersR 2018, 1264.
[1027] Dazu grundlegend BGH v. 22.9.2005 – IX ZR 23/04 – AnwBl 2006, 68 = BB 2005, 2602 (nur Ls.) = BGHReport 2006, 91 = BRAK-Mitt 2006, 24 (Anm. Chab) = DB 2006, 213 (nur Ls.) = FamRZ 2005, 2058 (nur Ls.) = jurisPR-BGHZivilR 51/2005 Anm. 4 (Anm. Ebert) = MDR 2006, 238 = NJW 2006, 501 = openJur 2011, 12757 = WM 2005, 2197.
[1028] OLG Köln v. 22.3.1995 – 11 U 184/94 – NJW-RR 1995, 1529 = OLGR Köln 1995, 283 = VersR 1995, 1315.
[1029] BGH v. 8.11.2001 – IX ZR 64/01 – BB 2002, 119 = BRAK-Mitt 2002, 22 = MDR 2002, 179 = NJW 2002, 292 = NZV 2002, 114 = openJur 2010, 4162 = VersR 2002, 188 = WM 2001, 2455; BGH v. 13.4.2000 – IX ZR 372/98 – AnwBl 2001, 62 = FamRZ 2001, 1442 = MDR 2000, 912 = NJW 2000, 1944 = openJur 2010, 7902 = VersR 2001, 641 = WM 2000, 1353; BGH v. 16.11.1982 – VI ZR 58/82 – VersR 1983, 86 (Vorinstanz: OLG Koblenz v. 29.1.1982 – 8 U 408/81 – VersR 1983, 450); OLG Nürnberg v. 1.7.1999 – 2 U 531/99 – NZV 2000, 507 = r+s 2000, 459 = VersR 2001, 982 (BGH hat Revision nicht angenommen, Beschl. v. 11.4.2000 – VI ZR 427/99).
[1030] BGH v. 11.4.2013 – IX ZR 94/10 – AnwBl 2013, 553 = DB 2013, 1484 = MDR 2013, 843 = NJW 2013, 2036 = VersR 2013, 1312 = WM 2013, 1426; BGH v. 13.3.2003 – IX ZR 181/99 – BGHReport 2003, 729 = BRAK-Mitt 2003, 120 (nur Ls.) (Anm. Jungk) = FamRZ 2003, 838 (Anm. Borgmann) = JuS 2003, 921 (nur L...

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