Rz. 133

Bezieht der Pflichtteilsberechtigte bereits beim Erbfall ALG II, geht der Pflichtteilsanspruch nach bislang überwiegender Auffassung mit dem Erbfall kraft Gesetzes und ohne dass eine Überleitungsanzeige erforderlich wäre, auf den Leistungsträger über (§ 33 Abs. 1 S. 1 SGB II). Demgegenüber findet bei der Sozialhilfe kein Übergang kraft Gesetzes statt. Vielmehr bewirkt erst die schriftliche Überleitungsanzeige, dass der Pflichtteilsanspruch auf den Träger in der Höhe der von ihm seit dem Erbfall erbrachten Sozialleistungen übergeht (§ 93 Abs. 1 S. 1 SGB XII).[174] Die in § 93 Abs. 2 SGB XII angeordnete Rückwirkung führt dazu, dass der Leistungsempfänger seine Forderungsinhaberschaft am entstandenen Pflichtteilsanspruch für die Zukunft, nicht jedoch rückwirkend verliert.

 

Rz. 134

Weil auch unpfändbare Ansprüche auf den Leistungsträger übergehen (§ 33 Abs. 1 S. 2 SGB II, § 93 Abs. 1 S. 4 SGB XII), kann der Leistungsträger den Pflichtteils- bzw. Pflichtteilsergänzungsanspruch auch dann durchsetzen, wenn die lediglich für andere Gläubiger geltenden einschränkenden Pfändungsvoraussetzungen des § 852 Abs. 1 ZPO (vertragliche Anerkennung oder Rechtshängigkeit) nicht gegeben sind. Der Leistungsträger ist insoweit privilegiert. Gestaltungsziel ist daher, durch Einsetzung des Behinderten als Vorerben oder Zuwendung eines Vermächtnisses erst gar keinen Pflichtteilsanspruch entstehen zu lassen.

[174] Ausführlich Schneider, Überleitung des Pflichtteilsanspruchs auf den Sozialhilfeträger und ihre zivilrechtlichen Folgen, ZEV 2018, 68.

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