BGH zur Anrechnung der im Testament verfügten Grabpflege auf den Pflichtteil
Die Mutter eines Adoptivsohns verstarb ohne weitere gesetzliche Erben und hinterließ ein differenziert ausgearbeitetes Testament.
Im letzten Willen auch Beerdigung und Grabpflege geregelt
Per Testament hatte die ihr Vermögen auf verschiedene Personen zu jeweils kleinen Prozentsätzen verteilt. Auch der Adoptivsohn wurde mit 5 % bedacht. Der Rest sollte für ihre Beerdigung und die Kosten für 20 Jahre Grabpflege verwendet werden.
Testamentsvollstreckerin zog voraussichtliche Kosten der Grabpflege ab
Da ihm als einzigen Abkömmling die Hälfte des Erbes als Pflichtteil zustand, war der kleine, von der Mutter willentlich vermachte Teil aufzufüllen (§ 2305 BGB). Über die Höhe dieses Zusatzpflichtteils entbrannte Streit. Die Testamentsvollstreckerin zog die Grabpflegekosten ab. Dagegen klagte der Sohn und bekam am Ende vor dem BGH Recht.
Grabpflegekosten sind keine Nachlassverbindlichkeit
Die Kosten für die Grabpflege sind im Rahmen der Berechnung des Pflichtteilanspruchs – anders als die Kosten für die Beerdigung selbst (§ 1968 BGB) - nicht als Nachlassverbindlichkeit abzuziehen, so die klare Aussage des BGH.
Unterschied zu Grabpflege-Vertrag, der zu Lebzeiten geschlossen wird
An diesem Grundsatz ändert sich auch nichts dadurch, dass die Erblasserin im Testament angeordnet hatte, dass ein Teil des Erbes für Beerdigungs- und Grabpflegekosten zurückzuhalten ist. Anders wäre es nur gewesen, wenn die Verstorbene schon zu Lebzeiten einen Grabpflegevertrag geschlossen hätte, in den die Erben dann als Rechtsnachfolger eingetreten wären (§ 1922 BGB).
Auflagen und Vermächtnisse berühren Pflichtteil nicht
Der BGH wertet die Anordnung im Testament entweder als Auflage (§§ 1940, 2192 BGB) oder als Zweckvermächtnis (§§ 1939, 2156 BGB). Gegenüber Auflagen und Vermächtnissen aber ist der Pflichtteilsanspruch vorrangig (§ 1991 Abs. 4 BGB). Dem Erblasser soll es verwehrt werden, den Pflichtteil durch großzügige Vermächtnisse oder Auflagen zu schmälern.
Nur testamentarisch zugesprochener Erbteil wurde anteilig um die Grabpflegekosten gemindert
Die Richter rechnen in dem Urteil die dem Adoptivsohn zustehende Erbmasse vor. Im Ergebnis waren von dem ihm freiwillig vererbten Teil die Nachlassverbindlichkeiten, also auch die Grabpflegekosten anteilig (im Umfang von 9,09 % der Kosten) abzuziehen. Der Zusatzpflichtteil hingegen blieb von diesem Posten unangetastet.
Streit um verschollenen Nerzmantel war vom Berufungsgericht zu klären
Aufgrund einer Hilfsaufrechnung der beklagten Erben wegen eines angeblich noch im Besitz des Sohnes befindlichen Nerzmantels wurde der Rechtsstreit noch einmal an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
(BGH, Urteil v. 26.5.2021, IV ZR 174/20).
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