Rz. 67
Adoption nach altem Recht: Erfolgte eine Adoption vor dem 1.1.1977, so sind die Übergangsregelungen des Art. 12 des AdoptionsG zu beachten. Verstarb der Erblasser vor dem 1.1.1977, so bestimmen sich nach Art. 12 § 1 Abs. 4 AdoptionsG die erbrechtlichen Verhältnisse nach altem Recht. Verstarb der Erblasser nach dem 31.12.1976 und war der Angenommene am 1.1.1977 bereits volljährig, gelten gem. Art. 12 § 1 Abs. 1 AdoptionsG die neuen Regelungen über die Volljährigen-Adoption. War der Adoptierte am 1.1.1977 noch minderjährig, so galt bis 31.12.1976 für alle Erbfälle das alte Recht, nach dem 31.12.1976 dann das neue Recht der Minderjährigen-Adoption (Art. 12 § 2 Abs. 1, Abs. 2 AdoptionsG).
Rz. 68
Übersicht über die erbrechtlichen Adoptionswirkungen ab 1.1.1977
Zeitpunkt der Adoption, Alter des Adoptierten am 1.1.1977 |
Erbrechtliche Wirkungen der Adoption |
1. |
Adoption vor dem 31.12.1976 Angenommener war am 1.1.1977 über 18 Jahre |
Schwache Adoptionswirkung (Art. 12 § 1 Abs. 1 AdoptionsG). Auf bei Vertragsschluss bereits geborene, aber in ihn nicht einbezogene Abkömmlinge des Adoptierten erstreckt sich die Wirkung auch weiterhin nicht (Art. 12 § 1 Abs. 2 AdoptionsG). Der Ausschluss des Erbrechts des Adoptierten gegen den Annehmenden im Adoptionsvertrag gilt weiterhin (Art. 12 § 1 Abs. 5 AdoptionsG). |
2. |
Adoption vor dem 31.12.1976 Angenommener war am 1.1.1977 noch keine 18 Jahre |
Ab 1.1.1978 starke Adoptionswirkung sowie Wegfall eines Ausschlusses des Erbrechts des Annehmenden im Adoptionsvertrag (Art. 12 § 2 Abs. 2 AdoptionsG), es sei denn, Annehmender, Angenommener oder leibliche Eltern widersprachen in notarieller Urkunde, die bis spätestens 31.12.1977 beim Amtsgericht Schöneberg in Berlin-Schöneberg einzureichen war. Der Widerspruch konnte bis 31.12.1977 durch öffentlich beglaubigte Erklärung widerrufen werden. War der Widerspruch form- und fristgerecht erfolgt, worüber das Amtsgericht Schöneberg Auskunft erteilt, hat die Adoption nur die schwache Wirkung. |
3. |
Adoptionsvertrag vor dem 31.12.1976 geschlossen Bestätigung aber noch nicht erteilt |
Hier hatten die Beteiligten gem. Art. 12 § 5 AdoptionsG ein Wahlrecht, ob sie den Ausspruch der Adoption nach altem oder neuem Recht wünschten. Wählten sie neues Recht, entstand die Wirkung wie unter Ziff. 4 oder 5, wählten sie altes Recht, erfolgte die Umstellung wie oben Ziff. 1 oder 2. |
4. |
Adoptionsantrag nach dem 1.1.1977 Anzunehmender ist unter 18 Jahre |
Starke Adoptionswirkung – Volladoption – (§§ 1754, 1755 BGB) |
5 |
Adoptionsantrag nach dem 1.1.1977 Anzunehmender ist über 18 Jahre |
Grundsätzlich schwache Adoptionswirkung (§ 1770 BGB) Auf Antrag und unter den Voraussetzungen des § 1772 BGB kann das Familiengericht die Adoption mit starker Wirkung – Volladoption – aussprechen (§§ 1772, 1754, 1755 BGB). |
Rz. 69
Praxishinweis
Wurde ein minderjähriges Kind vor dem 1.1.1977 adoptiert, sollte eine Auskunft bei dem Geburtsstandesamt eingeholt werden, um dessen Erbberechtigung festzustellen. Gleiches gilt für Enkelkinder, die an die Stelle des weggefallenen Adoptivkindes nach § 1924 Abs. 3 BGB als potentielle Erben nachrücken.
Die Erklärung gegenüber dem Amtsgericht Berlin-Schöneberg musste, wenn sie nur von einem Beteiligten abgegeben wurde, den anderen Beteiligten zugehen. Das Geburtenbuch des Adoptivkindes musste nach § 30 PStG ein Vermerk über diese Erklärung enthalten.
Rz. 70
Exkurs:
Seit der Gesetzgeber mit dem am 1.10.2017 in Kraft getretenen Eheöffnungsgesetz die "Ehe für alle" in § 1353 Abs. 1 S. 1 BGB eingeführt hat, kann auch der gleichgeschlechtliche Ehegatte das Kind des Ehegatten, auch wenn dies durch eine Insemination gezeugt wurde, im Wege der Stiefkindadoption annehmen.
Das Kind erhält die Stellung eines gemeinschaftlichen ehelichen Kindes der Ehegatten, § 1754 Abs. 1 BGB.
Dadurch sind zwangsläufig Stiefkindadoptionen durch den weiblichen Ehepartner der Mutter denjenigen durch den Ehemann gleichgestellt. Die Folgen sind im einen wie im anderen Fall u.a. das Erlöschen der Verwandtschaftsverhältnisse zum Herkunftselternteil und dessen Verwandten, § 1755 Abs. 2 BGB. Dass ein Kind im Falle der gleichgeschlechtlichen Ehe der Annehmenden zwei Mütter hat und somit keinen Vater, auch keinen Adoptivvater (§ 1742 BGB) erlangen kann, ist die logische Konsequenz der gesetzgeberischen Entscheidung (OLG.
In Zukunft werden die Rechte gleichgeschlechtlicher Ehepartner wahrscheinlich auch im Abstammungsrecht stärker gewährleistet werden. Das Bundesjustizministerium hat einen Diskussionsentwurf erarbeitet, wonach eine Frau Mit-Mutter eines Kindes werden kann durch Eheschließung mit der Kindesmutter, durch "Mutter"schaftsanerkennung oder durch gerichtliche Feststellung. Die Frau, die mit der Mutter zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes bereits verheiratet ist, soll kraft Gesetzes "automatisch" die zweite Elternstelle besetzen. Wird dies Gesetz, ist eine Stiefkindadoption in derartigen Fällen obsolet.