Rz. 5
Bei der Ermittlung und Feststellung des Nachlasses ist zu prüfen, welche Vermögenspositionen vererblich und welche nicht vererblich sind. Es ist ferner zu prüfen, ob es hinsichtlich einzelner Gegenstände Einschränkungen bei der Vererbung gibt (z.B. für Apotheken aus § 13 ApoG).
1. Das Vorerbenvermögen
Rz. 6
Grundsätzlich kann der Erblasser über sein Vermögen frei verfügen. Es gibt aber auch Vermögensbesitz, über den der Erblasser nicht letztwillig verfügen kann. Handelt es sich bei bestimmten Gegenständen beispielsweise nur um selbst geerbtes Vorerbenvermögen, dann kann der Erblasser selbst hierüber nicht verfügen bzw. dieses nicht vererben. Das Vorerbenvermögen bildet beim Erblasser ein so genanntes Sondervermögen. Es vererbt sich, soweit der Nacherbfall mit dem Tod des Vorerben eintritt, an den Nacherben und ist an diesen herauszugeben. Im Nachlass des Erblassers befinden sich dann allenfalls Aufwendungs- und Erhaltungsersatzansprüche. Da dem Laien der Unterschied zwischen Voll- und Vorerbschaft in der Regel nicht geläufig ist, sollte der mit der Gestaltung beauftragte Berater eine exakte Überprüfung vornehmen. Zu beachten ist, dass neben Immobilienvermögen auch Wertpapiere und Geldvermögen zum Vorerbenvermögen gehören können und bei nicht befreiter Vorerbschaft entsprechend anzulegen sind (vgl. § 11 Rdn 59 ff.).
2. Rückübertragung bei Vorversterben; rechtsgeschäftliches Veräußerungsverbot
Rz. 7
Im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge bzw. der lebzeitigen Übertragung von Grundvermögen, z.B. auf eigene Abkömmlinge, werden häufig so genannte Rückübertragungsansprüche bzw. Rückfallklauseln beispielsweise für den Fall vereinbart, dass der Übernehmer vor dem Übergeber verstirbt, das die Ehe des Übernehmers geschieden wird, ein Insolvenzverfahren gegen den Übernehmer eingeleitet wird oder dieser selbst ein Privatinsolvenzverfahren einleitet, Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen den Übernehmer eingeleitet werden oder bei Eintritt der Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung seitens des Übernehmers. Die Gründe, die seitens des Übergebers in vertraglicher Hinsicht für den Vorbehalt eines Rückübertragungsanspruchs bzw. einer Rückfallklausel sprechen, können hier nicht abschließend aufgezählt werden. Teilweise werden diese Rückübertragungsansprüche auch nur für den Fall des kinderlosen Vorversterbens vereinbart. Für die Gestaltung sind daher die Verträge des zu Lebzeiten durch vorweggenommene Erbfolge erlangten Vermögens dahingehend zu überprüfen, ob solche Rückübertragungsansprüche bestehen, um diese in die Vermögensflussanalyse mit einzukalkulieren. Auch ist hier gesondert zu überprüfen, ob die Rückfallklauseln wirksam und nicht ggf. im Sinne von § 138 BGB sittenwidrig sind. Sittenwidrigkeit kann vorliegen, wenn durch die Regelung seitens des Erblassers ein nicht zu billigender Druck auf die Entschließungsfreiheit des Erben ausgeübt wird. Hier ist beispielsweise der Fall denkbar, dass es der Erbe zu unterlassen hat sich wieder zu verheiraten.
Rz. 8
Der BGH hat im Rahmen einer Inhaltskontrolle nach § 138 BGB entschieden, dass bei Übergabeverträgen eine sich über 35 Jahre erstreckende Verfügungsbeschränkung über den zu einem Betrieb gehörenden Grundbesitz, trotz der langen Bindungsdauer nicht sittenwidrig sei. Der Zweck der Verfügungsbeschränkung, den mit dem Unternehmen verbundenen Grundbesitz im Familieneigentum zu halten, sei zeitlos. Die Voraussetzungen des § 138 BGB seien nur dann gegeben, wenn der Übernehmer von dem Übergeber nicht die Zustimmung zu einer mit den Grundsätzen ordnungsgemäßer Wirtschaft zu vereinbarenden Verfügung, z.B. einer Belastung, verlangen könne.
Rz. 9
Im Ergebnis ist festzuhalten, dass Rückforderungsrechte für den Übergeber in der Gestaltungspraxis ein geeignetes Mittel sind, eine Risikovorsorge im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge zu betreiben.
Allerdings ist auf den konkreten Einzelfall abzustellen, für den das jeweils passende Rückforderungsrecht unter Beachtung der aktuellen Entwicklung der Rechtsprechung, auszugestalten ist.
Rz. 10
Gleiches gilt für so genannte rechtsgeschäftliche Veräußerungsverbote. Hat der Übernehmer sich gegenüber den Übergebern verpflichtet, das Vermögen nur an die eigenen Abkömmlinge weiterzugeben und sowohl zu Lebzeiten als auch von Todes wegen nicht zugunsten Dritter hierüber zu verfügen, dann kann die Verletzung dieser Unterlassungsverpflichtung zu einem Schadensersatzanspruch gemäß § 137 BGB führen. Eine Folge, die die Vermögensnachfolgeplanung durcheinander bringen kann.
3. Das Nachvermächtnis
Rz. 11
Ähnlich wie bei der Vorerbschaft, jedoch lediglich mit schuldrechtlicher Wirkung, kann ein Vermögensgegenstand im Falle des Todes oder zu einem anderen Zeitpunkt durch Benennung eines Nachvermächtnisnehmers an einen Dritten herauszugeben sein (§ 2191 BGB). Das Nachvermächtnis ...