Isabelle Losch, Gabriela Hack
Rz. 161
Kann ein Volljähriger aufgrund einer Krankheit oder einer Behinderung seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen, so bestellt nach § 1814 Abs. 1 BGB (§ 1896 Abs. 1 S. 1 BGB a.F.) das Betreuungsgericht auf seinen Antrag oder von Amts wegen (§ 1814 Abs. 4 BGB) für ihn einen Betreuer. Die Beschreibungen "psychisch, körperlich, geistig oder seelisch" wurde nach der Reform zum Vormundschafts- und Betreuungsrecht nicht mehr übernommen. Grund ist, dass eine Diskriminierung durch Hervorhebung der "psychischen" Erkrankungen nicht mehr erfolgen sollte. Sollte ausschließlich eine körperliche Behinderung vorliegen, darf gem. § 1814 Abs. 4 BGB nur auf Antrag des Volljährigen ein Betreuer bestellt werden, es sei denn, der Volljährige kann seinen Willen nicht kundtun. Gem. § 1814 Abs. 5 BGB kann bereits für einen Minderjährigen, der das 17. Lebensjahr vollendet hat, ein Betreuer bestellt werden, wenn anzunehmen ist, dass diese Bestellung bei Eintritt der Volljährigkeit erforderlich ist. Die Bestellung der Betreuung wird jedoch erst mit Eintritt der Volljährigkeit wirksam.
Rz. 162
Wünscht der Volljährige eine Person, die zum Betreuer bestellt werden soll, so hat das Betreuungsgericht gemäß § 1816 Abs. 4 BGB (§ 1897 Abs. 4 S. 1 BGB a.F.) diesem Wunsch zu entsprechen, es sei denn, dass die gewünschte Person zur Führung der Betreuung gem. § 1816 Abs. 1 BGB nicht geeignet ist. Der Betreute wird in aller Regel jedoch bei Eintritt des Betreuungsbedarfs außerstande sein, Vorschläge zu unterbreiten. Das Gesetz verschafft dem Verfügenden die Möglichkeit, vor dem Betreuungsverfahren zu der Auswahl eines etwaig zu bestellenden Betreuers (§ 1816 Abs. 4 S. 3 BGB, § 1897 Abs. 4 S. 3 BGB a.F.) und zu der Ausgestaltung des Betreuungsverhältnisses (§ 1821 Abs. 2 BGB, § 1901 Abs. 2 S. 2 BGB a.F.) Wünsche zu äußern. Gemäß § 1821 BGB kommt es nurmehr ausschließlich auf den Wunsch des Betreuten an und nicht mehr auf das Wohl. Sollten die Wünsche nicht ermittelbar sein, hat der Betreuer gemäß § 1821 Abs. 4 BGB den mutmaßlichen Willen des Betreuten zu ermitteln und umzusetzen. Lehnt der zu Betreuende eine Person als Betreuer ab, ist das Gericht hieran zwar nicht gebunden, jedoch soll es den Wunsch des zu Betreuenden bei der Entscheidung berücksichtigen.
Sollte ein Dritter die Handlungen des Vorsorgebevollmächtigten durch eigenmächtiges und störendes Verhalten vereiteln, kann ebenfalls die Anordnung einer Betreuung angezeigt sein.
Rz. 163
Auch im Rahmen einer gerichtlich angeordneten Betreuung wird somit dem Selbstbestimmungsrecht und der Autonomie des Verfügenden Rechnung getragen und seinen Wünschen grundsätzlich Vorrang vor der gerichtlichen Entscheidung eingeräumt, gleichwohl nicht in demselben Umfang, wie dies durch eine Vorsorgevollmacht gewährleistet ist. Denn letztlich ist die Betreuungsverfügung nur dann verbindlich, wenn sie dem Wunsch des Betroffenen nicht zuwiderläuft. Sowohl das Betreuungsgericht als auch der Betreuer sind daher nicht für alle Fälle an die Betreuungsverfügung gebunden.