Isabelle Losch, Gabriela Hack
Rz. 74
Grundsätzlich hat die Bank, wenn von einer post- oder transmortalen Kontovollmacht Gebrauch gemacht wird, die ihr erteilten Weisungen unverzüglich und vorbehaltlos zu erfüllen. Insbesondere ist die Bank nicht berechtigt oder verpflichtet, die Zustimmung des Erben abzuwarten oder durch Zuwarten den Widerruf der Vollmacht zu ermöglichen. Bei einer zögerlichen Ausführung läuft die Bank sogar Gefahr, sich schadensersatzpflichtig zu machen.
Rz. 75
Ist die Verfügungsbefugnis des Bevollmächtigten nicht bereits im Vollmachtsformular geregelt und lässt sich daher eine Einschränkung nicht erkennen, so ist der Umfang der Vertretungsmacht durch Auslegung zu ermitteln.
Im Grundsatz anerkannt ist, dass die Verfügungsbefugnis nur die üblichen Kontovorgänge umfasst. Bei verständiger Auslegung einer Vollmacht kann nicht davon ausgegangen werden, dass diese auch zu einer Kontoauflösung oder Umwandlung in ein Einzelkonto berechtigt.
Rz. 76
Eine Ausnahme kann jedoch bei gegenseitiger Bevollmächtigung von Ehegatten bestehen, wenn beide Mitinhaber eines Oder-Kontos mit beiderseitiger Verfügungsbefugnis sind. Hier kann der Zweck der Bevollmächtigung auch darin liegen, dass der Bevollmächtigte nach dem Tod des Kontoinhabers abgesichert sein soll und umgehend über das Guthaben verfügen kann. In so einem Fall ist eine transmortale Vollmacht zwischen Eheleuten dahin auszulegen, dass der überlebende Teil zu seiner Absicherung berechtigt ist, ein gemeinsames Konto, zu welchem er die Alleinzeichnungsbefugnis besitzt (Oder-Konto), in ein Einzelkonto umzuwandeln. Es muss jedoch eine Schenkung auf den Todesfall gem. § 2301 BGB vorliegen, wenn bereits mit Einräumung der Mitverfügungsbefugnis das erforderliche lebzeitige Vermögensopfer erfolgt, so dass für die Schenkung bei Einrichtung des Oder-Kontos der Wille der Ehegatten genügt, dass im Zeitpunkt des Todes die Forderung gegenüber der Bank auf den überlebenden Ehegatten übergeht und dieser Alleinberechtigter sein soll. Die alleinige Erteilung einer Vollmacht verbunden mit dem Wunsch des Erblassers, der andere Ehegatte möge sich das Guthaben übertragen, reichen nicht aus.
Rz. 77
Der länger lebende Ehegatte verliert seine Einzelverfügungsbefugnis auch nicht dadurch, dass neben ihm noch andere Miterben Rechtsnachfolger des erstverstorbenen Ehegatten geworden sind. In diesem Fall können jedoch Schadensersatz- oder Bereicherungsansprüche der anderen Miterben entstehen, wenn es an einem Rechtsgrund für eine vorgenommene Verfügung gefehlt hat, weil der bevollmächtigte Ehegatte seine internen Befugnisse überschritten hat.
Rz. 78
Eine zu Zwecken der Vermögensverwaltung erteilte Kontovollmacht berechtigt den Bevollmächtigten grundsätzlich nicht dazu, das Vermögen des Vollmachtgebers zu verschenken, erst recht nicht, dabei selbst als Schenker aufzutreten. Im Hinblick auf die Pflichten, in die der Bevollmächtigte im Innenverhältnis zum Vollmachtgeber eingebunden ist, kann regelmäßig keine Rede davon sein, dass der Vollmachtgeber allein schon durch die Erteilung einer solchen Vollmacht den betreffenden Vermögensgegenstand "aus der Hand geben" will.
Rz. 79
Praxistipp
Um im Zusammenhang mit einer Kontovollmacht zukünftigen Streit zu vermeiden, sollte das Innenverhältnis in der Vollmacht geregelt sein, insbesondere die Fragen des Umfangs der Bevollmächtigung sowie die Möglichkeit des transmortalen Handelns. Wurde ein bankeigenes Vollmachtformular verwendet, das keinen Raum für eine Regelung des Innenverhältnisses lässt, sollte dieses zusätzlich geregelt werden.