Isabelle Losch, Gabriela Hack
Rz. 147
Bei der Frage der Haftung eines Bevollmächtigten muss zwischen der Haftung gegenüber dem Vollmachtgeber und gegenüber einem Dritten unterschieden werden.
Gegenüber dem Vollmachtgeber haftet der Bevollmächtigte nach Maßgabe des der Vollmacht zugrunde liegenden Vertrages. Arbeitet der Vertreter entgeltlich, so liegt ein Geschäftsbesorgungsvertrag gem. § 675 BGB vor. Übernimmt der Bevollmächtigte die Vertretung unentgeltlich, so liegt im Grundverhältnis ein Auftrag gemäß § 662 BGB vor. In beiden Fällen haftet der Bevollmächtigte dem Vollmachtgeber für jede fahrlässige oder vorsätzliche Verletzung seiner Pflichten aus dem Grundverhältnis gemäß §§ 276, 280 BGB. Weiter sieht sich der Bevollmächtigte Schadensersatzansprüchen nach §§ 823 ff. BGB sowie Auskunfts- und Rechenschaftsansprüchen ausgesetzt, sofern diese nicht abbedungen oder modifiziert wurden.
Rz. 148
In Abgrenzung zu einem rechtlich bindenden Auftrag wird bei einem bloßen Gefälligkeitsverhältnis keine Auskunft oder gar Rechenschaft verlangt; der mit der Bevollmächtigung besonders Betraute soll nicht im Nachhinein dem einseitigen (Haftungs-)Risiko ausgesetzt werden, Ausgaben genauer angeben und belegen zu müssen.
Rz. 149
Die Abgrenzung erfolgt über den Rechtsbindungswillen. Dieser fehlt bei bloßen Gefälligkeiten des täglichen Lebens oder bei Zusagen im rein gesellschaftlichen Verkehr. Stehen bei der Beauftragung dagegen erkennbar wirtschaftliche Interessen des Auftraggebers auf dem Spiel, wie z.B. erhebliche Vermögenswerte, und verlässt er sich auf die Zusage des Leistenden, lässt dies auf einen Rechtsbindungswillen schließen. Bei fortgesetzter, verantwortungsvoller Tätigkeit aufgrund einer Vorsorgevollmacht wird man generell nicht von einem Gefälligkeitsverhältnis ausgehen können.
Rz. 150
Allein aufgrund einer eingeräumten Kontovollmacht kann jedoch noch nicht auf das Vorliegen eines Auftrags geschlossen werden. Zu beachten sind jeweils die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Vollmachtserteilung. Fraglich ist immer, ob der Vollmachtgeber bei Erteilung der Vollmacht das Entstehen der Pflichten wie die Befolgung von Weisungen, Auskunftserteilung, Rechenschaftslegung, Herausgabe des Erlangten oder Haftung auf Schadensersatz bei Verstößen gegen die Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung erreichen wollte und mithin das Entstehen eines Auftragsverhältnisses. Sollte dem Vollmachtnehmer eine Vorsorgevollmacht mit umfangreichen Befugnissen zugunsten des Vollmachtnehmers erteilt worden sein, so liegt regelmäßig nicht nur ein bloßes Gefälligkeitsverhältnis, sondern ein Auftragsverhältnis zugrunde.
Rz. 151
Eine Besonderheit besteht bei Kontovollmachten zwischen Eheleuten aufgrund eines besonderen Vertrauensverhältnisses. Zwischen ihnen entsteht nach dem BGH kein Auftragsverhältnis gem. §§ 662 ff. BGB, und zwar selbst dann nicht, wenn einer von ihnen die Wirtschaftsführung im Wesentlichen allein übernimmt und die verfügbaren Mittel im Wesentlichen aus den Einkünften oder dem Vermögen des anderen Ehegatten zufließen. Begründet wird dies mit dem besonderen Vertrauensverhältnis zwischen Ehegatten, in dem in aller Regel keine Auskunft oder Rechenschaft verlangt wird.
Rz. 152
Diese Grundsätze sind jedoch nicht auf andere Fallgestaltungen mit sonstigem familiären oder persönlichen Einschlag übertragbar. In der Rechtsprechung wurde ein solches besonderes Vertrauensverhältnis bejaht für Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft, zwischen Mutter und Tochter sowie zwischen Großmutter und Enkelkind. Ferner wird das besondere Vertrauensverhältnis bei einer gleichgeschlechtlichen eingetragenen Lebenspartnerschaft anzunehmen sein. Allein ein inniges Vertrauensverhältnis zwischen Vollmachtgeber und Bevollmächtigtem rechtfertigt nicht die Annahme, dass der Vollmachtgeber mit der Einräumung der Kontovollmacht die Pflichten des Bevollmächtigten bei der Vermögensverwaltung (wie Auskunftserteilung, Rechenschaftslegung, Herausgabe des Erlangten oder Haftung auf Schadensersatz bei Verstößen gegen die Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung) abbedingen wollte.
Rz. 153
Praxistipp
Angesichts der weitreichenden Haftung des Bevollmächtigten ist bei Errichtung der Vorsorgevollmacht zu bedenken, ob eine Haftung gegenüber dem Vollmachtgeber vertraglich auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu beschränken ist. Dies sollte jedoch sorgsam überlegt werden, da nach Eintritt der Geschäftsunfähigkeit des Vollmachtgebers und bei ganz oder teilweiser Abbedingung der umfangreichen Rechnungslegungspflichten und Herausgabepflichten von Quittungen und Belegen eine Nachprüfung bei unredlichem Verhalten des Vollmachtnehmers kaum möglich ist. (Sollte trotz allem eine ganz oder teilweise Abbedingung der umfangreichen Rechnungslegungspflichten und Herausgabepflichten gewünscht sein, vgl. Muster zum Grundverhältnis Rdn 124).
Rz. 154
Gegenüber Dritten haftet nach § 278 BGB der Vollmachtgeber, wenn der Bevollmächtigte bei rechtsgeschäftlichem Handeln im Rahmen sein...