Rz. 70
Es kann vereinbart werden, dass die Partner bei Eintritt eines bestimmten Ereignisses berechtigt sind, ihre Joint Venture-Anteile dem Partner zu verkaufen (sog. Put Option) bzw. dessen Anteile zu erwerben (sog. Call Option). Put Optionen und Call Optionen lassen sich auch miteinander kombinieren. In diesem Fall ist der Ausübungspreis für den Call häufig höher vereinbart als derjenige für den Put; der Preiszu- bzw. -abschlag stellt die Stillhalteprämie für den jeweiligen Optionsverpflichteten dar.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, eine Option zu strukturieren. Es kann sich um ein unwiderrufliches Angebot handeln, das der Optionsberechtigte annehmen kann, oder um einen aufschiebend bedingten Kaufvertrag (ggf. Kauf- und Übertragungsvertrag), wobei der Bedingungseintritt (auch) von dem Willen des Berechtigten abhängt. Eine Option kann auch unabhängig vom Eintritt eines bestimmten Ereignisses vereinbart werden, was sich insb. dann anbietet, wenn für eine Seite das Joint Venture einen bloßen Zwischenschritt für den Gesamterwerb des Unternehmens darstellt.
Hinweis
Zu beachten ist, dass eine Call Option, deren Ausübung ohne Anknüpfung an das Vorliegen bestimmter Voraussetzungen im Belieben des Optionsberechtigten steht, wie eine "Hinauskündigungsklausel" wirken kann. Solche Vereinbarungen hält der BGH bei Personengesellschaften und der GmbH für nichtig, wenn sie nicht wegen der besonderen Umstände des Einzelfalls sachlich gerechtfertigt sind.
Rz. 71
Ausführlicher Erörterung bedarf insb. die Regelung des Optionskaufpreises. Da die künftige Entwicklung des Joint Ventures bei Gründung noch nicht absehbar ist, lässt sich ein fester Preis häufig nicht bestimmen. Beliebter sind feste Multiplikatoren für bestimmte Finanzkennzahlen (sog. Multiples), etwa "der 8-fache Betrag des im vorangegangenen Wirtschaftsjahr erwirtschafteten Jahresüberschusses vor Zinsen und Steuern (EBIT)". Da auch derartige Multiplikatoren im Konjunkturzyklus schwanken, bleibt die Bewertung häufig offen und die Parteien überlassen die Bestimmung des Optionspreises einem gemeinsam bestellten Gutachter. In diesem Fall sollte die Bewertungsmethodik so genau wie möglich festgeschrieben werden, um den stets vorhandenen Bewertungsspielraum einzuengen.
Hinweis
Bei der Ausgestaltung der Option sollte man eine Regelung anstreben, bei welcher ein (fast unvermeidlicher) Streit zwischen den Partnern über die "richtige" Bewertung nicht zu einer Lähmung des Joint Ventures führt. So kann man vorsehen, dass die Anteile bereits mit Zahlung eines näher zu bestimmenden Schätzbetrages übergehen – z.B. der Optionspreis wird anhand eines Multiples zu einer Finanzkennzahl aus dem Vorjahr berechnet, die zwischen den Parteien abgestimmt wurde, bevor einer der Partner seine Option ausgeübt hat. Zudem sollte insb. ein Partner mit einer Minderheitsbeteiligung (bzw. derjenige Partner, der keinen entscheidenden Einfluss auf die Geschäftsführung des Joint Ventures hat) bei der Wahl eines Bewertungsparameters auf dessen Anfälligkeit für (kurzfristige) Manipulation achten. Langjährige Durchschnittswerte bieten besseren Schutz als reine Stichtagsbetrachtungen; an der Liquiditätsveränderung (Cashflow) ausgerichtete Multiples sind "objektiver" als der Jahresüberschuss, in den u.a. Abschreibungen und Rückstellungen eingehen, die für Bilanzpolitik besonders anfällig sind.