Rz. 100

Geht die Gründung des Joint Ventures mit einer Betriebs- oder Unternehmensveräußerung einher, haben die Partner betriebliche Mitbestimmungsrechte zu beachten. So kann eine Pflicht zur rechtzeitigen und umfassenden Unterrichtung des Wirtschaftsausschusses über die geplante Veräußerung eines Betriebes oder eines Betriebsteils (Asset Deal; zu den Begriffen Asset Deal und Share Deal s.o. Rdn 29) nach § 106 Abs. 3 Nr. 10 BetrVG bestehen. Soll eine Beteiligung in das Joint Venture eingebracht werden (Share Deal), folgt die Unterrichtungspflicht gegenüber dem Wirtschaftsausschuss der eingebrachten Beteiligung aus § 106 Abs. 3 Nr. 9a BetrVG, die nach § 109a BetrVG zugunsten des dort gebildeten Betriebsrats wirkt, wenn kein Wirtschaftsausschuss besteht. Darüber hinaus können sich Pflichten zur Unterrichtung des Betriebsrats aus den Bestimmungen der §§ 2 Abs. 1, 74 Abs. 1 BetrVG und §§ 80 Abs. 2, 92 BetrVG ergeben. Im Rahmen umwandlungsrechtlicher Maßnahmen sind die Zuleitungserfordernisse nach §§ 5 Abs. 3, 126 Abs. 3 UmwG zu beachten.

 

Rz. 101

Ferner kann der Betriebsübergang mit einer Betriebsänderung i.S.d. §§ 111, 112, 112a BetrVG verbunden sein, sodass der die Änderung anstrebende Partner verpflichtet sein kann, über einen Interessenausgleich sowie einen Sozialplan zu verhandeln. Ein Betriebsübergang allein stellt jedoch keine Betriebsänderung i.S.d. § 111 BetrVG dar. Die Mitwirkungsrechte des Betriebsrats entstehen erst, wenn mit dem Übergang betriebsorganisatorische Maßnahmen des Veräußerers oder Erwerbers verbunden sind, etwa ein dem Betriebsübergang folgender Zusammenschluss mehrerer Betriebe oder eine vorangehende Betriebsspaltung.

Unterrichtungs- und Verhandlungspflichten können auch die Joint Venture-Gesellschaft als Betriebserwerber treffen, wenn bei ihr bereits ein Betriebsrat oder Wirtschaftsausschuss besteht.

 

Rz. 102

Besteht bei den Joint Venture-Partnern ein Europäischer Betriebsrat, sind auch dessen Beteiligungsrechte zu beachten. Ein Europäischer Betriebsrat kann gem. § 3 EBRG gewählt werden, wenn ein Unternehmen bzw. eine Unternehmensgruppe mindestens 1.000 Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft und dabei in zwei oder mehr Mitgliedstaaten mindestens jeweils 150 Arbeitnehmer beschäftigt; bei einer Unternehmensgruppe ist zusätzlich vorausgesetzt, dass mindestens zwei ihrer Unternehmen ihren Sitz in verschiedenen Mitgliedstaaten haben.

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