Eberhard Rott, Dr. Michael Stephan Kornau
Rz. 7
Die Nachlassverwaltung wird nie von Amts wegen angeordnet, sondern nur auf Antrag. Insoweit besteht Vergleichbarkeit mit dem Nachlassinsolvenzverfahren. Hier ist die Antragspflicht in §§ 13 Abs. 1, 317 InsO geregelt. Im Unterschied zum Nachlassinsolvenzverfahren, in dem der Antrag beim Insolvenzgericht gestellt werden muss, ist für die Anordnung der Nachlassverwaltung das Nachlassgericht zuständig.
1. Antragsberechtigung der Erben
Rz. 8
Der Erbe ist immer antragsberechtigt, es sei denn, er haftet für die Nachlassverbindlichkeiten bereits unbeschränkt, § 2013 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 BGB. Miterben können den Antrag nur gemeinschaftlich stellen. Sie sind mit der Antragstellung ausgeschlossen, wenn der Nachlass geteilt ist, § 2062 BGB. Das Antragsrecht des Nacherben folgt aus § 2144 BGB, wobei an die Stelle des Nachlasses dasjenige tritt, was der Nacherbe aus der Erbschaft erlangt. Der Erbe kann den Antrag grundlos und grundsätzlich zeitlich unbefristet stellen.
2. Antragsberechtigung des Testamentsvollstreckers
Rz. 9
Nach richtiger Auffassung ist in analoger Anwendung des § 317 InsO auch der Testamentsvollstrecker antragsberechtigt. Ist ein Testamentsvollstrecker bestellt, so kann dieser auch zum Nachlassverwalter bestellt werden. Solange keine Ansprüche des Nachlasses gegen den Testamentsvollstrecker geltend zu machen sind, bestehen hiergegen keine Bedenken. Im Gegenteil kann sich dies als wirksames Mittel darstellen, falls der Erbe den Antrag auf Nachlassverwaltung gezielt zu dem Zweck gestellt hat, den Testamentsvollstrecker an seiner Amtsausübung zu hindern. Hat der Testamentsvollstrecker den Antrag selbst gestellt, um sein Amt gefahrlos niederlegen zu können, empfiehlt es sich, bereits mit der Antragstellung dem Nachlassgericht gegenüber zu erklären, man stehe für eine Übernahme des Amtes als Nachlassverwalter nicht zur Verfügung. Eine Verpflichtung zur Übernahme einer Nachlassverwaltung besteht nicht, da § 1981 Abs. 3 BGB die Vorschrift des § 1785 BGB, die eine Übernahmepflicht begründen würde, ausdrücklich für nicht anwendbar erklärt.
3. Antragsberechtigung des Nachlassgläubigers
Rz. 10
Antragsberechtigt ist jeder Nachlassgläubiger, also auch der Pflichtteilsberechtigte oder ein Vermächtnisnehmer.
In zeitlicher Hinsicht kann der Antrag nach § 1981 Abs. 2 S. 2 BGB nicht mehr gestellt werden, wenn seit der Annahme der Erbschaft zwei Jahre verstrichen sind. Es handelt sich um eine Ausschlussfrist, die nur den Antrag des Nachlassgläubigers betrifft. Der Grund liegt in der mit zunehmendem Zeitablauf immer stärker werdenden Vermischung von Nachlass und Eigenvermögen des Erben.
Rz. 11
In sachlicher Hinsicht muss für den Gläubiger Grund zu der Annahme bestehen, dass die Befriedigung der Nachlassgläubiger aus dem Nachlass durch das Verhalten oder die Vermögenslage des Erben gefährdet wird. Die Gefahr darf nicht nur für den einzelnen – i.d.R. antragstellenden – Gläubiger bestehen, sondern die Befriedigung aller Nachlassgläubiger muss gefährdet sein.
Rz. 12
Vermögensgefährdendes Verhalten des Gläubigers wird angenommen bei Verschleuderung des Nachlasses, willkürlicher Befriedigung einzelner Nachlassgläubiger oder Gleichgültigkeit gegenüber dem Nachlass.
Rz. 13
Die schlechte Vermögenslage des Erben gefährdet den Nachlass bei unwirtschaftlichem Gebaren des Erben oder der Gefahr des Zugriffs von Eigengläubigern. Auf ein Verschulden des Erben kommt es nicht an. Bei mehreren Erben genügt es, wenn die Voraussetzungen nur bei einem von ihnen vorliegen.
Rz. 14
Im Rahmen des von ihm gestellten Antrages muss der Nachlassgläubiger seine Gläubigerstellung und die Gefahrenlage für die Befriedigung der Forderungen der Nachlassgläubiger glaubhaft machen. Nicht ausreichend ist es, wenn sich Grund und Höhe der Forderung erst durch umfangreiche Sachverhaltsaufklärung oder die Beantwortung schwieriger Rechtsfragen klären lassen.