A. Allgemeines

 

Rz. 1

Es gibt gesetzliche Haftungsausschlussregeln wie z.B. in §§ 105 ff. SGB VII, § 46 BeamtVG, § 80 SVG, § 81 BVG. Daneben besteht die Möglichkeit, die Haftung durch Vertrag auszuschließen oder sie zu begrenzen. Manche Gesetze verbieten indessen für bestimmte Bereiche vertragliche Haftungsausschluss- oder Haftungsbeschränkungsvereinbarungen mit der Folge ihrer Nichtigkeit gem. § 134 BGB: So § 7 HPflG, § 8a Abs. 2 StVG, § 49c LVG, § 14 ProdHaftG. Die gesetzliche Haftung des Gastwirts, §§ 701, 702 BGB, kann nur innerhalb der durch § 702a BGB gezogenen Grenzen im Vorhinein erlassen werden. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass die gesetzliche Beschränkung der Vertragshaftung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit auch auf Ansprüche aus unerlaubter Handlung durchschlägt mit der Folge, dass wegen derselben Handlung nach Deliktsrecht keine strengere Haftung stattfindet.[1] Damit entfällt nicht nur eine Haftung für leichte Fahrlässigkeit, sondern auch die Gefährdungshaftung nach § 833 BGB. Diese Ausstrahlung gilt jedoch nur für Fälle echter Anspruchskonkurrenz, also in Fällen, in denen vertragliche und deliktische Ansprüche nebeneinander bestehen.

Wegen der in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zu Haftungsbeschränkungen innerhalb von Arbeitsverhältnissen, früher "bei gefahrgeneigter Arbeit", vgl. § 10 Rdn 13 ff.

 

Rz. 2

Außerhalb dieser Regelungen sind vertragliche Haftungsmilderungen – ebenso wie Haftungsverschärfungen – grundsätzlich – auch für Ansprüche aus unerlaubter Handlung – zulässig, unterliegen jedoch weiteren Restriktionen: Nicht abbedungen werden kann die Haftung des Schuldners – wohl aber des Erfüllungsgehilfen, § 278 BGB – für Vorsatz, § 276 Abs. 2 BGB. Im Übrigen ist nach der Form des vereinbarten Haftungsausschlusses zu differenzieren, also danach, ob er individualvertraglich ausdrücklich oder konkludent oder aber im Wege Allgemeiner Geschäftsbedingungen (AGB) geschaffen wurde.

 

Rz. 3

Sowohl individualvertragliche als auch formularmäßige Haftungsmilderungsklauseln sind eng und zum Nachteil dessen auszulegen, der die Haftung abbedingen will. Dabei ist unter anderem der Erfahrungssatz zu berücksichtigen, dass Rechtsverzichte nicht ohne Weiteres zu vermuten sind, sondern eindeutiger Anhaltspunkte bedürfen.[2] Haftungsverzichtsvereinbarungen sind regelmäßig auf alle in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen (Vertrag/Delikt/Gefährdungshaftung) erstreckbar. Bestimmte Gefährdungshaftungen können nicht abbedungen werden (§ 8a Abs. 2 StVG, § 7 HpflG, § 49 LuftVG). Ferner unterliegt ein Haftungsausschluss einer allgemeinen Kontrolle nach §§ 138, 242 BGB.

 

Rz. 4

Zulässig sind Vereinbarungen von Haftungsmilderungen mit Wirkung zugunsten Dritter. Ein zwischen Schädiger und Geschädigtem vereinbarter Haftungsausschlussvertrag wirkt ebenso wie ein gesetzlicher Haftungsausschluss analog § 846 BGB auch gegenüber, das heißt zulasten Hinterbliebener.[3] Ein Lehrer kann bei einem Schulausflug nicht als Vertreter der Schüler auf die Haftung des Unternehmers, dessen Betrieb die Klasse besichtigen soll, verzichten.[4] Ein Haftungsbegrenzungsvertrag setzt Geschäftsfähigkeit beider Parteien voraus. Möglich ist eine Beschränkung in der Weise, dass ein Haftungsausschluss nur solche Ansprüche erfassen soll, die nicht von der Haftpflichtversicherung des Schädigers gedeckt werden.[5] Auf einen Haftungsausschluss kann sich nicht berufen, wer den unmittelbaren Schaden durch eigenes grob fahrlässiges Verhalten oder durch ein solches seiner leitenden Angestellten verursacht hat. Schuldhafte Unterlassungen, die für den Schaden nicht ursächlich geworden sind, kommen in diesem Zusammenhang jedoch nicht in Betracht.[6]

[1] BGH, Urt. v. 9.6.1992 – VI ZR 49/91, VersR 1992, 1145 m.w.N.
[2] Vgl. BGH, Urt. v. 25.2.1988 – VII ZR 348/86, BGHZ 103, 298 = VersR 1988, 469 = NJW 1988, 1380 m.w.N.
[3] BGH VersR 1961, 846.
[4] OLG München VersR 1954, 371.
[5] BGH, Urt. v. 26.4.1960 – VI ZR 97/59, NJW 1960, 1197; BGH DAR 1961, 339.
[6] BGH, Urt. v. 24.11.1978 – I ZR 104/77, VersR 1979, 187.

B. Haftungsausschluss im Geltungsbereich der §§ 305 ff. BGB

I. Grundsätze

 

Rz. 5

Für Vertragsbedingungen, die nicht im Einzelnen ausgehandelt wurden, sondern "Allgemeine Geschäftsbedingungen" (AGB) sind, galt das AGBG vom 9.12.1976.[7] Durch das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts[8] wurden die materiell-rechtlichen Vorschriften des AGBG als §§ 305319 BGB in das BGB integriert, während die verfahrensrechtlichen Bestimmungen des AGBG in das neu geschaffene Unterlassungsklagengesetz[9] überführt wurden. Danach enthält § 305 Abs. 1 S. 1 BGB die einschlägige Legaldefinition.

 

Rz. 6

Für Haftungsmilderungsregelungen haben die gesetzlichen Regelungen über die "Gestaltung rechtsgeschäftlicher Schuldverhältnisse durch Allgemeine Geschäftsbedingungen" (so die gesetzliche Abschnittsüberschrift) besondere Bedeutung, weil der AGB-Begriff des § 305 BGB sehr weit gefasst ist. ­Danach sind AGB auch vorformulierte Erklärungen wie etwa Einwilligungserklärungen in Krankenhausaufnahmeverträgen in eine Sektion[10] oder Abfindungserklärungen. Auch auf eine v...

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