Rz. 13

Die Vorschriften über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei der Versäumung einer Frist für die Vornahme einer Prozesshandlung kommen direkt bei allen Notfristen der ZPO zur Anwendung. Notfristen sind nach § 224 Abs. 1 S. 2 ZPO nur solche Fristen, die das Gesetz als Notfristen bezeichnet.

 

Rz. 14

Als solche sind zu nennen die:

Erklärungsfrist zur Erledigung der Hauptsache nach § 91a Abs. 1 S. 2 ZPO,
Erklärungsfrist zur Klagerücknahme nach § 269 Abs. 2 S. 4 ZPO,

Verteidigungsanzeige, § 276 Abs. 1 ZPO,[16]

 

Hinweis

Die Anwendung von § 233 ZPO auf die Frist zur Anzeige der Verteidigungsbereitschaft ist umstritten. Insoweit sind die verschiedenen Phasen bis zur Zustellung des Versäumnisurteils und danach zu unterscheiden:[17]

Geht der Wiedereinsetzungsantrag vor Unterzeichnung des Versäumnisurteils ein, ist der Wiedereinsetzungsantrag geboten, da in diesem Falle ein Versäumnisurteil erst gar nicht ergehen darf.[18] Wurde das Versäumnisurteil bereits unterzeichnet, ist der Antrag bis zur Übergabe an die Geschäftsstelle "unnötig, aber auch unschädlich",[19] danach "angebracht".[20] Ist das Versäumnisurteil bereits zugestellt, ist nur noch der Einspruch statthaft.[21] Dass das Versäumnisurteil trotz Vorliegens eines Wiedereinsetzungsgrundes für die Frist nach § 276 ZPO ergangen ist, kann im Rahmen des Einstellungsantrags zugunsten des Beklagten berücksichtigt werden.[22] Soweit die Gegenansicht der Auffassung ist, dass das Versäumnisurteil im Falle der Wiedereinsetzung wirkungslos sei, kann dieser Ansicht nicht gefolgt werden. Das Versäumnisurteil ist existent. Allenfalls durch eine Einstellung der Zwangsvollstreckung von Amts wegen kann dem Rechnung getragen werden.

Rügefrist nach § 321a Abs. 2 S. 1 ZPO,[23]
Einspruchsfrist gegen ein Versäumnisurteil, § 339 ZPO,[24]
Berufungsfrist, § 517 ZPO,
Nichtzulassungsbeschwerdefrist, § 544 Abs. 1 ZPO,
Revisionsfrist, § 548 ZPO,
Frist der sofortigen Beschwerde, § 569 Abs. 1 ZPO,
Erinnerung gegen Entscheidungen des Rechtspflegers, § 11 Abs. 2 S. 2 RPflG,
Rechtsbeschwerdeanschlussfrist, § 574 Abs. 4 ZPO,
Rechtsbeschwerdefrist, § 575 Abs. 1 ZPO,
Nichtigkeitsklagefrist, § 586 ZPO,
Restitutionsklagefrist, § 586 ZPO,
Einspruchsfrist gegen einen Vollstreckungsbescheid, §§ 700 Abs. 1, 339 ZPO,
Beschwerdefrist im Aufgebotsverfahren, §§ 58, 439 FamFG,
Frist für den Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsversteigerung, § 869 ZPO, § 30b Abs. 1 S. 1 ZVG,
Frist für den Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsversteigerung nach § 869 ZPO, §§ 180 Abs. 2 und 3, 30b ZVG,
Frist für die Rechtsbeschwerde gegen Entscheidungen nach § 1062 Nr. 2 und 4 ZPO im schiedsrichterlichen Verfahren nach §§ 1065 Abs. 1, 575 Abs. 1 ZPO,
Nicht: Monatsfrist im Vereinfachten Unterhaltsfestsetzungsverfahren gem. § 251 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 FamFG.[25]
 

Rz. 15

Der BGH[26] hat den Notfristen außerdem die in § 296 ZPO aufgeführten Fristen zum Vortrag von Angriffs- und Verteidigungsmitteln (§§ 273 Abs. 2 Nr. 1 und 5, 275 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 und 4, 276 Abs. 1 S. 2, Abs. 3, 277 ZPO) gleichgestellt.

 

Rz. 16

Weitere Notfristen können sich aus anderen zivilprozessualen Verfahrensgesetzen wie dem ArbGG, dem GenG oder dem ZVG ergeben. Auch verweisen Vorschriften aus anderen nicht zivilprozessualen Verfahrensvorschriften auf die Regelungen über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach der ZPO. Daneben sind die Vorschriften über die Wiedereinsetzung nach dem Gesetzeswortlaut oder der Rechtsfortbildung in Rechtsprechung und Literatur bei folgenden Fristen anwendbar, die keine Notfristen darstellen:

Wiedereinsetzungsfrist, § 234 Abs. 1 ZPO,[27]

 

Hinweis

Ausgeschlossen ist die Wiedereinsetzung in die Wiedereinsetzungsfrist allerdings dann, wenn nicht nur die zweiwöchige Frist, sondern auch die Jahresfrist nach § 234 Abs. 3 ZPO abgelaufen ist.

Berufungsbegründungsfrist, § 520 Abs. 2 ZPO,[28]

 

Hinweis

Beachtet werden muss also zunächst, dass ungeachtet der Wiedereinsetzung in die Rechtsmittelfrist, die Rechtsmittelbegründungsfrist weiterläuft, so dass ggf. die Wiedereinsetzung in die Rechtsmittel- und die Rechtsmittelbegründungsfrist beantragt werden muss. Weiter muss beachtet werden, dass eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ausgeschlossen ist, wenn die Frist zur Stellung eines Antrags auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist[29] oder für die Ergänzung einer fristgerecht vorgelegten, aber unvollständigen Berufungsbegründung versäumt wird.

Die Wiedereinsetzungsfrist für die Versäumung der Frist zur Begründung eines Rechtsmittels kann in Anlehnung an §§ 575 Abs. 2 S. 3, 551 Abs. 2 S. 6 Hs. 2 ZPO angemessen verlängert werden, wenn dem Rechtsmittelführer die Prozessakten nicht zur Verfügung gestellt werden können.[30]

Anschlussberufungsfrist, § 524 Abs. 2 S. 2 ZPO,[31]

 

Praxistipp

Wird die Hauptberufung zurückgenommen, verliert die Anschlussberufung ihre Wirkung, § 524 Abs. 4 ZPO. Der Anschlussberufungsführer befindet sich also in den Händen des Hauptberufungsführers. ...

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