A. Allgemeines
Rz. 1
In der Beratungspraxis kommt regelmäßig die Frage nach einer Schenkung- bzw. Erbschaftsteuerbefreiung des Erwerbs von Immobilienvermögen auf, wenn als Vehikel gesellschaftsrechtliche Strukturen genutzt werden. Die Hürden hierfür sind allerdings hoch.
B. Voraussetzungen für ein erbschaft- bzw. schenkungsteuerliche Befreiung
Rz. 2
Begünstigungsfähiges unternehmerisches Vermögen i.S.d. § 13b Abs. 1 ErbStG, also insbesondere Kapitalgesellschaftsanteile von mehr als 25 % und Anteile an Personengesellschaften, unter weiteren Voraussetzungen zu 85 % (Regelverschonung) oder 100 % (Vollverschonung) kann erbschaftsteuerlich bzw. schenkungsteuerlich begünstigt übertragen werden. Dies gilt allerdings nur für das tatsächlich begünstigte Vermögen. Dagegen ist schädliches Verwaltungsvermögen "ab dem ersten Euro" voll zu versteuern. Zum schädlichen Verwaltungsvermögen gehören gem. § 13b Abs. 4 Nr. 1 S. 1 ErbStG "Dritten zur Nutzung überlassene Grundstücke, Grundstücksteile, grundstücksgleiche Rechte und Bauten", mithin zu Wohnzwecken vermietete Immobilien.
Rz. 3
Allerdings gilt dies nach der Rückausnahme des § 13b Abs. 4 Nr. 1 S. 2 lit. d ErbStG für Dritten zur Nutzung überlassene Grundstücke, Grundstücksteile, grundstücksgleiche Rechte und Bauten dann nicht, wenn diese (1.) zum Betriebsvermögen gehören, (2.) der Hauptzweck des Betriebs in der Vermietung von Wohnungen i.S.d § 181 Abs. 9 BewG besteht und (3.) dessen Erfüllung einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb i.S.d. § 14 AO erfordert.
I. Betriebsvermögen
Rz. 4
Es muss zwingend steuerliches Betriebsvermögen eines Einzelunternehmens, einer Kapitalgesellschaft oder Gesamthandsvermögen einer Personengesellschaft vorliegen; für private Grundstücke scheidet jede analoge Anwendung der Begünstigung nach §§ 13a, 13b ErbStG aus. Soweit es sich mithin um ertragsteuerliches (abgesehen von etwaig i.S.d. § 23 EStG (siehe § 12 Rdn 2 ff.>) nicht verstricktes) Privatvermögen handelt, muss dieses zu Betriebsvermögen umqualifiziert werden. Dies wird i.d.R. mittel- und langfristig im Lichte der Immobilienmarktentwicklung zu erheblichen stillen Reserven und damit späteren (z.B. bei Entnahme oder Verkauf) teils extremen Einkommensteuerbelastungen führen.
II. Vermietung von Wohnungen als Hauptzweck des Betriebs
Rz. 5
Der Begriff der "Wohnung" ist in § 181 Abs. 9 BewG gesetzlich definiert. Voraussetzungen sind u.a. ein separater Zugang, für eine selbstständige Haushaltsführung notwendige Nebenräume (Küche, Bad) sowie eine Wohnfläche von mindestens 23 qm. Garagen sind keine Wohnungen, jedoch den Wohnungen zuzuordnen. Der Hauptzweck des Betriebs liegt, jedenfalls nach Auffassung der Finanzverwaltung, dann in der Vermietung solcher Wohnungen, wenn die Summe der gemeinen Werte der zu Wohnzwecken vermieteten Grundstücke mehr als 50 % der Summe der gemeinen Werte aller Grundstücke ausmacht.
III. Wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb
Rz. 6
Kumulativ muss – als Abgrenzung zur reinen Vermögensverwaltung (um eine solche handelt es sich im Rahmen der Vermietung von Immobilien, § 14 S. 3 AO) – ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb i.S.d. § 14 S. 1 AO vorliegen.
Ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb ist nach Auffassung der Finanzverwaltung jedenfalls erst dann "regelmäßig" anzunehmen, wenn das Unternehmen mehr als 300 eigene Wohnungen hält. Bei Unterschreiten dieser Grenze kommt eine Privilegierung – auch bei umfangreicher Koordinierung der Mietverhältnisse und Wartungsarbeiten am Grundbesitz – nicht in Betracht, wenn nicht auch andere Indizien für das Erfordernis eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs sprechen, wie etwa Umfang der Geschäfte, Unterhalten von Büros, Buchführung zur Gewinnermittlung, umfangreiche Organisationsstruktur zur Durchführung der Geschäfte, Bewerbung der Tätigkeit, Anbieten der Dienstleistung/der Produkte gegenüber einer breiteren Öffentlichkeit. Teilweise wird in diesem Zusammenhang ein Hinzuerwerb von Wohnungen (im Ausland) diskutiert, um die 300 Objektgrenze zu erreichen.
Rz. 7
Der BFH vertritt allerdings abweichend von der Finanzverwaltung die Auffassung, dass ein Wohnungsunternehmen unabhängig von der Anzahl der Wohnungen (mehr oder weniger als 300 Wohnungen) schon nur dann vorliegt, wenn die Gesellschaft neben der Vermietung der Wohnungen Zusatzleistungen erbringt, die das bei langfristiger Vermietung übliche Maß überschreiten und "der Vermietungstätigkeit einen originär gewerblichen Charakter i.S.d § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 2 EStG verleihen". Das kann der Fall sein, wenn z.B. teils kumuliert die Reinigung der vermieteten Wohnungen übernommen und das Gebäude überwacht wird oder wegen eines besonders schnellen, sich aus der Natur der Vermietung ergebenden Wechsels der Mieter oder Benutzer der Räume eine Unternehmensorganisation erforderlich ist (gewerbliche Vermietung eines Wohnheims) oder die Räume in der mit dem Mieter vereinbarten Weise ausgestat...