Rz. 56
Mit dem Tod des Arbeitgebers endet das Arbeitsverhältnis nicht automatisch. Das Arbeitsverhältnis geht im Wege der Universalsukzession auf den oder die Erben über.
Mit dem Tod des Einzelfirmeninhabers werden die Miterben zur gesamten Hand Träger der Arbeitgeberrechte und -pflichten.
I. Fortführung des Arbeitsverhältnisses
Rz. 57
Wird das Arbeitsverhältnis fortgeführt, so geht das Arbeitsverhältnis, so wie es "steht und liegt", auf die Erbengemeinschaft über. Der Abschluss eines neuen Vertrages ist nicht erforderlich, da die Erbengemeinschaft zur gesamten Hand der Rechtsnachfolger des Verstorbenen ist, § 1922 Abs. 1 BGB. Das bedeutet, dass nicht die Erbengemeinschaft selbst Vertragspartner werden wird, sondern die einzelnen Mitglieder der Erbengemeinschaft – allerdings nur zur gesamten Hand – Träger von Rechten und Pflichten. Es liegt ein Fall der gesetzlichen Gesamtrechtsnachfolge vor. Dabei geht das Vermögen einschließlich aller Aktiva und Passiva auf den neuen Rechtsträger über, ohne dass es eines gesonderten Übertragungsaktes bedarf. Gehört zu dem zu übertragenden Vermögen ein Betrieb, so geht dieser ohne Weiteres einschließlich der Arbeitsverhältnisse auf den neuen Rechtsträger über.
Ein Arbeitnehmer, der durch den Erbfall zum Miterben wird, erhält somit einen Status als Arbeitgeber.
Rz. 58
Da es sich im Fall einer Vermögensübertragung nach einer Erbschaft um eine Gesamtrechtsnachfolge handelt, findet § 613a BGB keine Anwendung. Um den Schutzzweck von § 613a BGB zu erreichen, muss ein Rechtsgeschäft abgeschlossen werden, um die Vermögensübertragung herbeizuführen. Bei der Übertragung auf den Gesamtrechtsnachfolger besteht für § 613a BGB kein Bedürfnis. In der Konsequenz führt dies dazu, dass den Arbeitnehmern kein Widerspruchsrecht zusteht und kein Kündigungsschutz nach § 613a Abs. 4 BGB. Sind die Arbeitnehmer mit dem Wechsel in der Führung des Unternehmens nicht einverstanden, müssen sie von sich aus das Arbeitsverhältnis beenden und kündigen.
II. Haftung für Arbeitsentgelt
Rz. 59
Führt eine Erbengemeinschaft ein Unternehmen fort, so haftet sie für die entsprechenden Nachlassverbindlichkeiten, § 1967 BGB. Nach § 1967 Abs. 2 BGB haften die Erben u.a. für die vom Erblasser herrührenden und die den Erben treffenden Verbindlichkeiten.
Rz. 60
Rückständige Lohnzahlungsverpflichtungen sind vererblich, womit die Erbengemeinschaft auf Seiten des Arbeitgebers für diese einzustehen hat. Dasselbe gilt für entsprechende Versorgungszusagen, die der Erblasser abgegeben hat.
Rz. 61
Beachtlich ist, dass immer öfter im privaten Bereich Pflegeleistungen erbracht werden in der Erwartung, später im Testament bedacht zu sein. Die Absprache, dass der Dienstleistende für seine Dienstleistung später im Testament bedacht wird, ist gem. § 2302 BGB nichtig. Hat er seine Dienste angeboten, ausgeführt und wurde diese dann nicht oder vielleicht nicht ausreichend vergütet, so stellt sich die Frage der Bewertung dieser Arbeiten. Dies gilt aber nur für die eine Leistung, die über die "familienhafte Mitarbeit" hinausgeht. Lässt sich aus Tarifrecht, Eingruppierungsrichtlinien oder sonstigen Umständen eine übliche Vergütung nicht bestimmen, so sind die §§ 315, 316 BGB heranzuziehen. Dies kann bisweilen dazu führen, dass die Erben sich mit Vergütungsansprüchen konfrontiert sehen, deren Begründetheit detailliert überprüft werden muss.
III. Kündigung des Arbeitsverhältnisses
Rz. 62
Gelangt die Erbengemeinschaft in die Position eines Arbeitgebers, so wird sie zwangsläufig mit der Thematik der Kündigung von Arbeitsverhältnissen konfrontiert. Die Beendigung der Arbeitsverhältnisse von Haushaltshilfen, Pflegekräften und Privatsekretären können in der Praxis schon Probleme bereiten, da die Erben meist ein gesteigertes Interesse haben, diese Arbeitsverhältnisse schnell zu beenden. Die Rechtsprechung orientiert sich jedoch an den gesetzlichen Kündigungsfristen.
Haben beispielsweise Eheleute, ob nun mit oder ohne schriftlichen Vertrag, eine Haushaltshilfe gemeinsam beschäftigt, so bleibt das Vertragsverhältnis weiter bestehen, wenn nur einer der Ehegatten verstirbt. Der Überlebende hat sodann das Arbeitsverhältnis ordentlich zu kündigen, wenn er es nicht mehr fortführen möchte. Ein Grund für eine fristlose Kündigung ist im Todesfall nicht zu sehen. Dasselbe Ergebnis erzielte ein Testamentsvollstrecker, der anlässlich des Todes eines Ingenieurs dessen einzige Angestellte fristlos, hilfsweise ordentlich gekündigt hat. Das Arbeitsgericht stellte fest, dass die individuelle Kündigungsfrist für das jeweilige Arbeitsverhältnis einzuhalten sei und der Tod des Arbeitgebers keinen wichtigen Grund...