Entscheidungsstichwort (Thema)
Erbengemeinschaft als solche keine Arbeitsvertragspartei. Grundsätze zur Rechtsfähigkeit der BGB-Gesellschaft auf Erbengemeinschaft nicht übertragbar. Miterben zur gesamten Hand Träger der Rechte und der Pflichten des verstorbenen Arbeitgebers, der Einzelfirmeninhaber war. Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten für Klagen eines Miterben, der vor dem Erbfall Arbeitnehmer in der Einzelfirma des Erblasser war, wegen Ansprüche aus der Zeit nach dem Erbfall nicht eröffnet
Leitsatz (amtlich)
1. Die Erbengemeinschaft als solche kann mangels eigener Rechtsfähigkeit nicht Arbeitsvertragspartei sein. Die Grundsätze, die von der Rechtsprechung zur Rechtsfähigkeit der BGB-Gesellschaft entwickelt wurden, sind auf Erbengemeinschaft nicht übertragbar (BGH, Beschl. v. 17.10.2006 – VII ZB 94/05, NJW 2006, 3715). Mit dem Tod des Einzelfirmeninhabers werden die Miterben zur gesamten Hand Träger der Arbeitgeberrechte und -pflichten.
2. Für die Klagen eines Miterben, der bisher Arbeitnehmer in der Einzelfirma des Erb¬lasser war, wegen Ansprüche, die nach dem Erbfall entstanden sind, ist der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten nicht eröffnet, da der Miterbe mit dem Erbfall, der kraft Gesetzes den Erwerb der Arbeitgeberrechte und – pflichten zur Folge hat, die Arbeitnehmereigenschaft verliert.
Normenkette
BGB §§ 611, 1922
Verfahrensgang
ArbG Hamm (Beschluss vom 08.03.2011; Aktenzeichen 1 Ca 252/10) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Hamm vom 08.03.2011 – 1 Ca 252/10 – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 2.321,70 EUR festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I
Die Parteien streiten im Beschwerderechtszug über die Zulässigkeit des Rechtsweges für die vom Kläger geltend gemachten Vergütungsansprüche.
Der Kläger war seit dem 01.03.1972 als angestellter Betriebsleiter bei der Firma B1- und T1 A1 W2, dem Einzelgeschäft seines verstorbenen Vaters, beschäftigt. In dem Unternehmen waren neben dem Kläger dessen Ehefrau sowie zwei weitere Mitarbeiter beschäftigt.
Mit dem Tod des Vaters des Klägers ging der Betrieb am 07.01.2009 – neben geringem Barvermögen und zwei Immobilien – in den Nachlass über. Erben sind neben dem Kläger und dem Beklagten zu 3) die Geschwister des Klägers, die Beklagten zu 1) und 2). Eine Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft fand noch nicht statt.
Am 11.03.2009 schlossen die Parteien unter Mitwirkung ihrer Bevollmächtigten u.a. folgende Vereinbarung:
„3. Firma
Grundsätzlich besteht zwischen den Beteiligten Einigkeit darüber, dass Herr W1 W2 berechtigt sein soll, die Firma zu den bisherigen Konditionen fortzuführen, und zwar zu den bisherigen finanziellen Konditionen (3.000,00 EUR brutto monatlich).
Das soll zunächst bis auf weiteres geschehen, wobei die Parteien sich noch darüber einigen müssen, ob diese vorläufige Fortführung der Firma zeitlich befristet werden soll. […] Weiterhin soll abgewartet werden, bis die von Frau M2-H1 angeforderte Bewertung der Firma vorliegt, die bis Ende dieses Monats zugesagt worden ist.”.
Nachdem die Beklagten zu 1) und 2) mit anwaltlichen Schreiben vom 04.05.2009 (Bl. 46 d.A.) bzw. 11.05.2009 (Bl. 44 d.A.) die dem Kläger erteilte Vollmacht zur alleinigen Vertretung der Firma widerriefen, verweigerten sie ab September 2009 die Unterschrift für die Überweisung der Vergütung des Klägers, der unter dem 20.12.2009 „sein Arbeitsverhältnis” fristlos wegen Unzumutbarkeit kündigte. Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger von den Beklagten als Gesamtschuldner den abgerechneten, jedoch noch nicht gezahlten Nettolohn für die Monate September bis Dezember 2009 in Höhe von insgesamt 5.916,76 EUR, den Beitrag zur Direktversicherung in Höhe von 1.742,48 EUR und vermögenswirksame Leistungen in Höhe von insgesamt 79,76 EUR.
Das Arbeitsgericht hat die Klage gegen die Beklagte zu 1) mit Versäumnisurteil vom 11.05.2010 abgewiesen, gegen das die Beklagte zu 1) form- und fristgerecht unter dem 20.05.2010 Einspruch eingelegt und im Termin am 31.08.2010 die Zuständigkeit des Arbeitsgerichts gerügt hat.
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, dass der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten eröffnet sei, weil er auch nach Tod seines Vaters Arbeitnehmer geblieben sei. Dies folge zum einen daraus, dass für die streitgegenständliche Monate die Sozialabgaben und Steuern mit Zustimmung der Beklagten zu 1) und 2) abgerechnet und abgeführt worden seien. Außerdem folge aus der Vereinbarung vom 11.03.2009, dass sich die Parteien auf den Erhalt des Arbeitnehmerstatus geeinigt hätten, da er nach dieser Vereinbarung zu den „bisherigen Konditionen” tätig werde. Sein Mitspracherecht als Erbe stehe seiner Arbeitnehmereigenschaft nicht entgegen, da er von den Beklagten als Miterben wie ein Geschäftsführer, der zu weniger als 50 % an einer GmbH beteiligt sei, überstimmt werden könne. Im Übrigen sei die Zuständigkeitsrüge zu spät erhoben worden.
Die Beklagten zu 1) und 2) haben die Ansicht vertre...