Rz. 46
Nachdem mit der Bestimmung der versicherten Sachen, der versicherten Gefahren und der versicherten Interessen die Voraussetzungen der Deckungspflicht der Bauleistungsversicherung geklärt sind, befasst sich der Abschnitt über die Berechnung der Entschädigung mit der damit zunächst zu klärenden Vorfrage der zugrunde zu legenden Versicherungssumme, den Grundsätzen der Entschädigungsberechnung und deren etwaiger Erweiterungen.
Rz. 47
Ausgangspunkt für die Bestimmung der Höhe des Entschädigungsanspruchs ist die Versicherungssumme. Für ABU-Verträge und ABN-Verträge wird die Versicherungssumme entsprechend der unterschiedlichen gedeckten Risiken auch unterschiedlich bestimmt. Ausgangspunkt für die Bestimmung der Versicherungssumme in der ABU-Versicherung ist der Versicherungswert, der Kontraktpreis, der sich aus dem Bauvertrag mit dem Auftraggeber ergibt und mindestens den Selbstkosten des Unternehmers zu entsprechen hat (§ 5 Nr. 1 a) ABU). Diese Begriffsbestimmung entspricht dem in § 74 VVG definierten Wert des versicherten Interesses. Die zusätzliche Einrechnung der im Kontraktpreis nicht enthaltenen Baustoffe, Bauteile, Hilfsbauten und Bauhilfsstoffe verfolgt das Ziel, dass der Versicherungswert die Lieferungen und Leistungen voll erfasst. Mit dieser vollständigen Erfassung des Wertes der Bauleistung wird verhindert, dass der Versicherungsnehmer nur schadensträchtige Leistungen versichert, damit das objektive Risiko der Eintrittspflicht des Bauleistungsversicherers steigert. Veränderungen während der Vertragszeit, wie Mehr- und Minderleistungen und Preisänderungen führen aufgrund des in § 5 Nr. 3 ABU hervorgehobenen Charakters der bei Beginn der Bauarbeiten bestimmten, auf dem zunächst festgelegten Versicherungswert beruhenden vorläufigen Kontraktpreis nach dem Ende des Versicherungszeitraums zu einer Anpassung der Versicherungssumme, die dem Versicherungswert entsprechen soll. Bedenklich ist es, dass für die im Kontraktpreis nicht enthaltenen Hilfsbauten und Bauhilfsstoffe der Neuwert für die Bestimmung des Versicherungswertes maßgebend sein soll (§ 5 Nr. 1 b) ABU). Die Bedenken gegen diese Regelung werden daraus abgeleitet, dass bei Totalschäden an versicherten Hilfsbauten, und Bauhilfsstoffen die Entschädigungshöhe sich nur an dem niedrigen Zeitwert orientiert. Hierin wird ein Verstoß gegen §§ 306, 307 BGB gesehen, da der Versicherungsnehmer angesichts der Zahlung einer auf den Neuwert abstellenden Prämie auch eine Entschädigung in Höhe des Neuwertes erwarten kann. Die Verpflichtung zur Erstattung der Umsatzsteuer gemäß § 5 Nr. 1 c) ABU entspricht dem Grundsatz des § 249 Abs. 2 S. 2 BGB, wonach bei einer fehlenden Vorsteuerabzugsberechtigung eine Umsatzsteuererstattung stattfinden kann (§ 5 Nr. 1 c) ABU). Die Vorschrift erweckt den unrichtigen Eindruck, dass die Umsatzsteuer in jedem Falle verlangt werden kann. Da zur Entstehung eines umsatzsteuerbaren Vorgangs ein Leistungsaustausch vorliegen muss (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG), bedarf es bei der Auszahlung der Versicherungssumme einer zusätzlichen Prüfung, ob ein steuerpflichtiger Vorgang gegeben war. Anders als bei einer Zahlung von Schadensersatz nach einer deliktischen Schädigung liegt ein Leistungsaustausch zwischen der Versicherung und dem Versicherungsnehmer vor, wobei die Leistung des Versicherungsnehmers in der Prämienzahlung, die der Versicherung in der Zahlung der Entschädigungssumme besteht. Dass bei einer bestehenden Möglichkeit des Vorsteuerabzugs gemäß § 15 UStG die Umsatzsteuererstattung entfällt, ergibt sich aus dem ansonsten nicht beachteten Bereicherungsverbot.
Rz. 48
Ob die Versicherungssumme über die Begrenzung der Leistungspflicht des Bauleistungsversicherers und für die Prämienberechnung hinaus auch die Funktion haben kann, für die Frage herangezogen zu werden, welche Gegenstände von der Versicherung erfasst sind, ist umstritten. Eindeutig beantworten lässt sich diese Frage nicht, sondern kann nur aufgrund einer Auslegung geklärt werden. Werden zusätzlich versicherbare oder ansonsten nicht versicherte Sachen nach § 1 Nr. 2 und 3 ABU aufgeführt, kann von einer Erstreckung der Bauleistungsversicherung auf sie ausgegangen werden, es sei denn, es wird nachgewiesen, dass die Aufzählung irrtümlich erfolgt ist. Wegen der größeren Transparenz der Preisgestaltung und der Berechnung der Entschädigungssumme empfiehlt es sich, mehrere Versicherungssummen auszuweisen, wenn neben dem Kontraktpreis Schadenssuchkosten und Aufräumkosten für Baugrund und Bodenmassen beauftragt wurden. Da diese zusätzlichen Kosten gem. § 6 Nr. 3 ABU auf erstes Risiko versichert sind, ist eine getrennte Aufnahme in eine gesonderte Festlegung der Versicherungssumme empfehlenswert. Die getroffene Vereinbarung der Versicherung auf erstes Risiko hat zur Folge, dass jeder Schaden bis zur Höhe der Versicherungssumme zu entschädigen ist, der Einwand der Unterversicherung wegen der fehlenden sicheren Kalkulierbarkeit des Entschädigungsa...