Rz. 35

§ 2 Nr. 4g–i ABN/ABU enthält aus dem Feuerversicherungsrecht entnommene Risikoausschlüsse wegen weit gefasster politischer Risiken, die allerdings teilweise durch die Vereinbarungen der in den Klauseln TK 6236 und TK 6237 gedeckt werden können.

Für den Ausschlusstatbestand des Krieges wird ein von dem völkerrechtlichen Begriff des Krieges abweichender Begriff zugrunde gelegt. Ist völkerrechtlich für die Annahme eines Krieges ein formaler Akt der Kriegserklärung erforderlich, genügt in der Bauwesenversicherung die auch ohne formale Kriegserklärung vorliegende, mit Waffengewalt durchgeführte Auseinandersetzung.[145]

Bürgerkrieg, Revolution, Rebellion und Aufstand sind Formen der Auseinandersetzung mehr oder weniger kleiner Teile der Bevölkerung gegen die Staatsmacht.[146] Innere Unruhen als Ausschlusstatbestand setzen in Anlehnung an die Glas- und Feuerversicherung die Zusammenrottung einer Menschenmenge voraus, die mit vereinten Kräften Gewalttätigkeiten gegen Personen oder Sachen verübt.[147] Entscheidendes Merkmal soll es sein, dass das Rechtsbewusstsein der Teilnehmer so erschüttert war, dass daraus die gemeinsam begangenen Gewalttaten hervorgegangen sind. Die Klausel TK 6236, die abweichend von dem Risikoausschluss Deckung bei inneren Unruhen, die zur Zerstörung und Beschädigung von versicherten Sachen führen. gewährt, sieht von einer subjektiven Komponente des Unruhebegriffs, dem erschütterten Rechtsbewusstsein, ab und verneint Versicherungsschutz schon dann, wenn zahlenmäßig nicht unerhebliche Teile der Bevölkerung in einer die öffentliche Ordnung störenden Weise in Bewegung geraten und Gewalt gegen Personen und Sachen verüben. Welche Anforderung an die Größe des nicht unerheblichen Teils der Bevölkerung gestellt werden, wird nicht geregelt, allerdings lässt sich dem Begriff "nicht unerheblich" entnehmen, dass jedenfalls eine hohe Personenzahl erforderlich ist.[148]

Nr. 3 und 4 der Klausel TK 6236 schließen Entschädigungsansprüche für den Fall hoheitlicher Regelungen, Verfügungen und Beschlagnahmen von der Deckung aus und verweisen den Versicherungsnehmer in Nr. 4 der Klausel auf öffentlich-rechtliche Entschädigungsregelungen, einschließlich des Tumultschadensgesetzes.[149] Da Terroranschläge weder als Kriegsfolge noch als Erscheinungsform von inneren Unruhen verstanden werden können[150] und nach dem Anschlag vom 11.9.2001 hohe Schäden bei vergleichbaren Terrorakten erwartet wurden, sind vermehrt Risikoausschlüsse für Terrorakte in Bauwesenversicherungen mit Versicherungssummen von mehr als 25 Millionen EUR vereinbart worden.[151]

Einen Sonderfall des Ausschlusses von Risiken bildet § 2 Nr. 4 i) ABN/ABU, der für die Bauleistungsversicherung den Streik als gedecktes Risiko ausschließt. Ein Streik, der baurechtlich zu einer Verlängerung der Ausführungsfrist führt (§ 6 Nr. 2 Abs. 1 b) VOB/B) liegt dann vor, wenn eine Arbeitsniederlegung durch eine größere Anzahl von Arbeitnehmern gemeinsam und planmäßig als Kollektivhandlung zur Erreichung eines bestimmten Ziels, in der Regel einer Verbesserung der Lohn- und Arbeitsbedingungen vorgenommen wird.[152] Bei Verwendung der Klauseln TK 5237 und TK 6237 gewährt der Versicherer Deckungsschutz gegen die Folgen eines Streiks. Wegen des Umfangs des Deckungsrisikos dieser Klauseln können die für den ABU- und ABN-Vertrag durch die Klauseln erweiterten Deckungsmöglichkeiten jederzeit gekündigt werden.

[145] Vgl. Fricke VersR 1991, 1098 (1099).
[146] Johannsen in Bruck/Möller § 2 ABU Rn 26.
[147] Johannsen in Bruck/Möller § 2 ABU Rn 27.
[148] Ebd.
[149] Ebd.
[150] Johannsen in Bruck/Möller § 2 ABU Rn 28.
[151] Ebd.
[152] BAGE 1, 291; Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht – Dieterich, 11. Auflage 2011, Art. 9 GG Rn 161 ff. Hanau/Adomeit "Arbeitsrecht", 14. Auflage 2007, Rn 277 f.

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge