Dr. Claus-Henrik Horn, Dr. iur. Claus-Peter Bienert
Rz. 65
Da der Bedürftige i.d.R. geschäftsfähig ist, ist es für die Gestaltung von überragender Bedeutung, dass er einen auch formgerechten Pflichtteilsverzicht nach § 2346 BGB erklärt. Dieser ist i.d.R. auch nicht sittenwidrig (vgl. Rdn 23). Auch wird dieser nicht zur Kürzung von Sozialleistungen führen, was aber letztlich nicht ganz klar ist. Für den Fall, dass kein lebzeitiger Erb- oder Pflichtteilsverzicht erklärt wurde, ist darauf hinzuweisen, dass der Pflichtteilsanspruch durch einen Gläubiger oder Insolvenzverwalter nur dann übergeleitet und eingezogen werden kann, wenn die Verwertungsreife nach § 852 ZPO vorliegt (vgl. Rdn 10). Diese kann nur der Schuldner herbeiführen. Im Gegensatz dazu kann der Sozialleistungsträger auch ohne eine Entscheidung des Hilfeempfängers den Pflichtteilsanspruch überleiten (vgl. Rdn 6).
Testamentarisch kann der Bedürftige durch Vermächtnisse begünstigt werden, die aber nicht pfändbar sein dürfen. Denkbar ist ein Nießbrauchsvermächtnis über zumeist wertlosen Hausrat und auch ein Wohnungsrechtsvermächtnis, wobei die Ausübung durch Dritte naturgemäß ausgeschlossen sein muss (Muster vgl. Rdn 60f.).
Rz. 66
Muster 21.7: Nießbrauchsvermächtnis über Hausrat
Muster 21.7: Nießbrauchsvermächtnis über Hausrat
Durch Vermächtnis begünstige ich _________________________ (bedürftige Person) mit dem lebenslänglichen Nießbrauch sämtlicher Gegenstände des Hausrats in meiner Wohnung.
Rz. 67
Innerhalb der Pfändungsfreibeträge können dem Bedürftigen auch monatliche Geldzahlungen vermacht werden. Diese müsste der Berechtigte aus "Gründen der Fürsorge und der Freigiebigkeit" erhalten (§§ 850b Abs. 1 Nr. 3, 850c ZPO; pfändbar nur nach § 850b Abs. 2 ZPO). Dabei gelten die Pfändungsgrenzen wie bei Arbeitseinkommen. Wenn der Berechtigte jedoch über eigenes Einkommen verfügt, sind über die Pfändungsgrenze hinausgehende Beträge pfändbar. Naturalleistungen werden addiert. Auch werden keine Sozialleistungen mehr gewährt, da der Bedürftige schließlich über "bereite Mittel" verfügt. Ebenfalls kommt die Begünstigung durch eine Auflage i.S.d. § 1940 BGB in Betracht, auf die kein klagefähiger Anspruch besteht. Eine Pfändung und Einziehung durch einen Gläubiger ist ausgeschlossen.
Rz. 68
Der lebzeitige Pflichtteilsverzicht kann auch als Schutz des Bedürftigen verstanden werden. So ist das SG Mainz der Auffassung, dass der Pflichtteil bei einem Berliner Testament mit Pflichtteilsstrafklausel sogar im ersten Erbfall verwertbares Vermögen darstellt. Die Geltendmachung würde keine besondere Härte i.S.d. § 12 Abs. 3 S. Nr. 6 SGB II darstellen. Das SG Mainz folgt damit der Rechtsprechung des BSG.