Dr. Claus-Henrik Horn, Dr. iur. Claus-Peter Bienert
Rz. 7
Für seine Aufwendungen kann der Sozialhilfeträger nach dem Erbfall des Hilfeempfängers bei dessen Erben Ersatz seiner Kosten beanspruchen, die er innerhalb von 10 Jahren vor dem Erbfall aufgewendet hat und die einen geringen Freibetrag übersteigen (§ 102 SGB XII). Mit dem Tod des Hilfeempfängers verliert bisheriges Schonvermögen diese Eigenschaft. Die im SGB II entsprechende Regelung des § 35 SGB II ist zum 1.8.2016 ersatzlos gestrichen worden. Der weiterhin bestehende § 102 SGB XII, der im Übrigen nur für rechtmäßig erbrachte Sozialhilfeleistungen gilt, kann sich als "Störfaktor" bei der nachfolgenden Vermächtnislösung auswirken. Gemäß § 102 Abs. 5 SGB XII gilt die Vorschrift aber nicht für Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung.
Rz. 8
Jede Gestaltungsmöglichkeit, die den Nachlass dem Zugriff des Sozialleistungsträgers entzieht, birgt die Gefahr von Sanktionen. Zu denken ist etwa an § 26 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII, nach dem die Leistung bis auf das zum Lebensunterhalt Unerlässliche eingeschränkt werden soll bei Leistungsberechtigten, die nach Vollendung des 18. Lebensjahres ihr Einkommen oder Vermögen vermindert haben in der Absicht, die Voraussetzungen für die Gewährung oder Erhöhung der Leistung herbeizuführen. Nach § 103 Abs. 1 SGB XII ist zum Ersatz der Kosten der Sozialhilfe verpflichtet, wer nach Vollendung des 18. Lebensjahres für sich oder andere durch vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verhalten die Voraussetzungen für die Leistungen der Sozialhilfe herbeigeführt hat. Diese Verpflichtung zum Ersatz der Kosten geht gemäß § 103 Abs. 2 S. 1 SGB XII auf den Erben über. Eine Parallelvorschrift zu § 103 Abs. 1 und 2 SGB XII findet sich in § 34 Abs. 1 und 2 SGB II. § 31 Abs. 2 Nr. 1 SGB II regelt im Übrigen, dass eine Pflichtverletzung von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten auch anzunehmen ist, wenn sie nach Vollendung des 18. Lebensjahres ihr Einkommen oder Vermögen in der Absicht vermindert haben, die Voraussetzungen für die Gewährung oder Erhöhung des Alg II herbeizuführen. Eine solche Pflichtverletzung hat Sanktionen nach § 31a SGB II zur Folge; i.d.R. geht es dabei um eine zeitlich begrenzte Kürzung des Regelbedarfs. Es würde den Rahmen sprengen, alle möglichen Sanktionen für die Vielzahl denkbarer Fallkonstellationen zu erörtern. Soviel sei aber gesagt: Die Sanktionsmöglichkeiten im SGB II und im SGB XII werden regelmäßig recht restriktiv ausgelegt. Verlangt werden "Absicht" oder "sozialwidriges" Verhalten. Zu einer Bejahung dieser engen Vorschriften darf es aber im Regelfall eigentlich nicht kommen. Denn entweder ist die jeweilige Gestaltung sittenwidrig und somit unwirksam. Leistungen werden dann nicht erbracht oder werden, soweit bereits erbracht, nach den §§ 45, 50 SGB X zurückgefordert. Ist aber die jeweilige Gestaltungsmöglichkeit als nicht sittenwidrig und mithin wirksam erachtet worden, liegt eine Möglichkeit der Sanktionierung im nächsten Schritt nicht sehr nahe. Stark verkürzt und vereinfacht gesagt: Was nicht sittenwidrig ist, dürfte regelmäßig nicht sozialwidrig sein.