Sabine Jungbauer, Dipl.-Ing. Werner Jungbauer
Rz. 24
Zusammenfassend lässt sich der notwendige Inhalt eines Wiedereinsetzungsantrags wie folgt darstellen:
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notwendige Inhalte bestimmender Schriftsätze, |
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Antrag auf Wiedereinsetzung, |
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Begründung des Wiedereinsetzungsantrags, |
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Glaubhaftmachung der Wiedereinsetzungsgründe, |
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Nachholung der versäumten Prozesshandlung, |
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elektronische Signatur des postulationsfähigen Rechtsanwalts gem. § 130a Abs. 3 S. 1 Alt. 1 oder 2 ZPO. |
Rz. 25
Im Einzelnen:
Zum notwendigen Inhalt eines Wiedereinsetzungsgesuchs gehört grundsätzlich Sachvortrag, aus dem sich ergibt, dass der Antrag rechtzeitig nach Behebung des Hindernisses gestellt worden ist, es sei denn, die Frist ist nach Lage der Akten offensichtlich eingehalten.
Rz. 26
Gem. § 236 Abs. 1 ZPO richtet sich die Form des Wiedereinsetzungsantrags nach den Vorschriften für die versäumte Prozesshandlung. Ist z.B. die Einlegung des Einspruchs gegen ein Versäumnisurteil versäumt worden, muss der Antrag in Form des § 340 ZPO erfolgen.
Rz. 27
Die Partei muss alle Tatsachen angeben, die den Wiedereinsetzungsantrag begründen, § 236 Abs. 1 ZPO. Das sind diejenigen Tatsachen, die zwar eine Fristversäumung darlegen, aber ein Verschulden der Partei oder des Bevollmächtigten ausschließen.
Rz. 28
Die Gründe sind in der Antragschrift darzulegen, es sei denn, sie sind offenkundig oder amtsbekannt. Eine Verpflichtung des Gerichts, von sich aus Wiedereinsetzungsgründe zu ermitteln, besteht nicht. Ein Nachschieben von Gründen ist unzulässig. Erkennbar unklare oder ergänzungsbedürftige Angaben, deren Aufklärung nach § 139 ZPO (richterliche Hinweispflicht) geboten gewesen wäre, können jedoch auch noch nach Fristablauf erläutert und vervollständigt werden.
Rz. 29
Zusätzlich ist durch entsprechenden Sachvortrag darzulegen, dass der Wiedereinsetzungsantrag rechtzeitig nach Behebung des Hindernisses gestellt ist, sodass diejenigen Tatsachen angegeben werden müssen, aus denen sich ergibt, dass die Partei die Wiedereinsetzungsfrist gem. § 234 ZPO gewahrt hat.
Rz. 30
Alle Tatsachen, aus denen sich die Begründung für die Wiedereinsetzung ergibt, müssen gem. § 294 ZPO glaubhaft gemacht werden. Wer eine tatsächliche Behauptung glaubhaft zu machen hat, kann sich aller Beweismittel bedienen und auch zur Versicherung an Eides statt zugelassen werden, § 294 Abs. 1 ZPO.
Rz. 31
Nach Auffassung des BGH sind im Wiedereinsetzungsantrag die den Antrag rechtfertigenden Tatsachen auch dann glaubhaft zu machen, wenn die Antragsbegründung eine eigene Schilderung von Vorgängen durch den Prozessbevollmächtigten enthält; zumindest aber hat eine anwaltliche Versicherung zu erfolgen.
Rz. 32
Auch ärztliche Atteste, Polizeiberichte, Bestätigungen des Krankenhauses, Flugscheine etc. können zur Glaubhaftmachung vorgelegt werden. Sofern die eidesstattliche Versicherung als Glaubhaftmachungsmittel Verwendung findet, diese aber keine eigene Sachdarstellung enthält, sondern lediglich pauschal auf die Angaben im Wiedereinsetzungsgesuch Bezug nimmt, ist sie zur Glaubhaftmachung i.d.R. nicht ausreichend.
Rz. 33
Für die Glaubhaftmachung ist erforderlich, dass eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für den behaupteten Geschehensablauf besteht. Der Antragsteller hat durch entsprechende verständliche Schilderung die tatsächlichen Abläufe darzulegen. "An Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit" kann nicht verlangt werden.
Rz. 34
Innerhalb der Frist des § 234 ZPO muss die Partei die versäumte Handlung in der vorgeschriebenen Form nachholen, § 236 Abs. 2 S. 2 ZPO. Ein isolierter Wiedereinsetzungsantrag ist unzulässig. Selbst wenn z.B. ein Rechtsmittel verfristet eingelegt wurde, wird die Verfristung durch den Wiedereinsetzungsantrag nicht geheilt; vielmehr muss das Rechtsmittel in diesem Fall noch einmal eingelegt werden (nachgeholt werden). Nicht selten wird genau diese gesetzliche Anforderung in Wiedereinsetzungsanträgen vergessen, und man wartet auf eine Entscheidung über den Antrag, während der Haftungsfall sich manifestiert.
Rz. 35
Bei einem Wiedereinsetzungsantrag sind konkrete Angaben zur Organisation der Fristenkontrolle in der Kanzlei zu machen.
Rz. 36
Ein Nachschieben von Gründen ist nur ganz ausnahmsweise dann zulässig, wenn erkennbar unklare oder ergänzungsbedürftige Angaben, deren Aufklärung nach § 139 ZPO geboten ist, nach Fristablauf erläutert oder vervollständigt werden. Sofern das Berufungsgericht einen erforderlichen Hinweis unterlassen hat, ist das ergänzende Vorbringen bei der Entscheidung des Revisionsgerichts zu beachten. Dies hat der BGH auch 2021 nochmals bestätigt:
Zitat
"Weist das Berufungsgericht die Partei darauf hin, dass zwar nicht der in dem Wiedereinsetzungsantrag innerhalb der Frist des § 234 I ZPO geltend gemachte Wiedereinsetzungsgrund vorliegt, sich aus dem Antrag aber ein anderer Wiedereinsetzungsgrund ergibt, und stützt die Partei sich nach Ablauf der Antragsfrist, jedoch innerhalb der gewährten Stellungnahmefrist auf diesen anderen Wiedereinsetzungsgrund, kann die Wiedere...