1. Keine gesamthänderische Forderungsinhaberschaft
Rz. 100
Der Anspruch aus § 2287 BGB gehört nicht etwa zum Nachlass mit der Folge, dass mehrere Vertragserben gesamthänderische Forderungsinhaber wären und einer in Prozessstandschaft für die anderen nach § 2039 BGB den Anspruch geltend machen könnte. Vielmehr steht der Anspruch jedem Erben anteilig entsprechend seiner Erbquote zu. Der Anspruch ist deshalb nicht im Nachlass, weil er dem Erblasser zu dessen Lebzeiten gar nicht zugestanden hat, er entsteht erst nach dem Erbfall in der Person des Vertragserben bzw. des in einem gemeinschaftlichen wechselbezüglichen Testament bindend eingesetzten Schlusserben.
Mangels Zugehörigkeit zum Nachlass unterliegt der Anspruch auch nicht der Verwaltungsbefugnis des Testamentsvollstreckers.
2. Folgen der Teilgläubigerschaft
Rz. 101
Welche Rechtsfolgen ergeben sich für den einzelnen Miterben daraus, dass der Bereicherungsanspruch nicht zum Nachlass gehört? Die Bejahung eines Anspruchs nach § 2287 BGB für einen von mehreren Miterben kann nicht zur Verurteilung zur Herausgabe des ganzen Gegenstands an einen einzelnen Miterben führen. Andererseits sagt das Gesetz nichts dazu aus, wenn mehrere Vertrags- oder Schlusserben Anspruchsinhaber sind. In § 2287 BGB heißt es lediglich, "der Vertragserbe" könne Herausgabe verlangen. Deshalb sind die allgemeinen Vorschriften über eine Gläubigermehrheit anzuwenden. Eine Gläubigergemeinschaft kommt – mangels Sonderregelung – allenfalls in der Form der Bruchteilsgemeinschaft in Betracht. Soweit die Herausgabeforderung auf einen teilbaren Gegenstand geht, bspw. bei Geld oder gleichen Wertpapieren, kann der auf den einzelnen Miterben entfallende Teil von diesem verlangt werden. Soweit der herauszugebende Gegenstand nicht in gleiche Teile teilbar ist, geht dies nur über die Begründung einer Bruchteilsgemeinschaft; dies kommt insbesondere bei Grundstücken in Betracht.
Rz. 102
Der BGH löst die Frage in der Tat über die Bruchteilsgemeinschaft (vgl. hierzu Muster Rdn 103). Dazu führt er aus:
Zitat
"In der höchstrichterlichen Rechtsprechung steht seit RGZ 77, 5 (vgl. auch BGHZ 78, 1 = NJW 1980, 2461 … BGHZ 88, 269 …) fest, dass der Anspruch aus § 2287 BGB nicht zum Nachlass gehört. An dieser Rechtsprechung, der im Schrifttum weitgehend zugestimmt wird, ist festzuhalten … Der Anspruch aus § 2287 BGB dient nur dazu, Beeinträchtigungen des Vertragserben auszugleichen und also – ähnlich wie der Anspruch gem. § 2329 BGB – im Grundsatz nicht so weit gehen kann, dass dieser mehr erhält, als er ohne die Schenkung erhielte … Nach dieser Rechtsprechung steht der Anspruch aus § 2287 BGB, wenn mehrere Vertragserben vorhanden sind, nicht den Erben gemeinschaftlich zu, sondern jedem Vertragserben persönlich, und zwar zu einem seiner Erbquote entsprechenden Bruchteil; bei einem Grundstück geht er auf Übereignung eines entsprechenden Miteigentumsanteils an jeden beteiligten Vertragserben (BGH NJW 1961, 120 = FamRZ 1961, 76 …)."
Wie der Erbe dann seinen Miteigentumsanteil verwertet, ist eine andere Frage. Ihm steht aber die Möglichkeit der Teilungsversteigerung nach §§ 180 ff. ZVG offen.
3. Muster: Klage auf Übertragung eines Grundstücksbruchteils
Rz. 103
Muster 21.8: Klage auf Übertragung eines Grundstücksbruchteils
Muster 21.8: Klage auf Übertragung eines Grundstücksbruchteils
An das
Landgericht
– Zivilkammer –
_________________________
Klage
des Herrn _________________________
– Kläger –
Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt _________________________
gegen
Frau _________________________
– Beklagte –
wegen: Zustimmung zur Übertragung eines Grundstücksmiteigentumsbruchteils und Einräumung des Mitbesitzes
Namens und in Vollmacht des Klägers erhebe ich Klage gegen die Beklagte und werde in dem zu bestimmenden Termin beantragen, für Recht zu erkennen:
1. |
Die Beklagte wird verurteilt, der Übertragung eines Miteigentumsbruchteils von einem Drittel an dem Grundstück _________________________, eingetragen im Grundbuch des Amtsgerichts _________________________ für _________________________, Band _________________________, BV Nr. _________________________, Gemarkung _________________________, Flst.Nr. _________________________, Größe: _________________________, auf den Kläger zuzustimmen und die Eintragung des Klägers als Miteigentümer zu einem Drittel im Grundbuch zu bewilligen. |
2. |
Die Beklagte wird weiter verurteilt, dem Kläger an dem zuvor Ziff. 1 bezeichneten Grundstück den Mitbesitz (zu einem Drittel) einzuräumen. Falls die Voraussetzungen des § 331 Abs. 3 bzw. § 307 ZPO vorliegen, bitte ich um Erlass eines Versäumnis- bzw. Anerkenntnisurteils ohne mündliche Verhandlung. |
Begründung:
Der Kläger ist der eheliche Sohn des Herrn _________________________, der am _________________________ gestorben ist (nachfolgend "Erblasser" genannt). Die Beklagte ist die langjährige Lebensgefährtin des Erblassers. Außer dem Kläger hat der Erblasser aus seiner Ehe noch einen weiteren Sohn, Herrn _________________________, und eine Tochter, Frau _________________________, insgesamt also drei...