Angelika Wimmer-Amend, Michael Merten
Rz. 63
Zur Klärung für die Entscheidung über eine Eröffnung des Insolvenzverfahrens setzt das zur Ermittlung von Amts wegen verpflichtete Insolvenzgericht regelmäßig Sachverständige ein, § 5 Abs. 1 InsO.
Neben der Frage nach dem Vorliegen eines Insolvenzgrundes ist von dem Gutachter vor einer Verfahrenseröffnung zu klären, ob ausreichende Mittel zur Deckung der Verfahrenskosten und Masseverbindlichkeiten vorhanden sind. Hierzu hat der Sachverständige alle erforderlichen Informationen einzuholen. Der Schuldner bzw. dessen Organmitglieder sind hierbei zur Mitwirkung verpflichtet, § 20 Abs. 1, 97, 98, 101 S. 1 InsO. Verweigert der Schuldner seine Mitwirkung, wird das Gericht – i.d.R. auf Anregung des Gutachters/vorläufigen Insolvenzverwalters – Zwangsmaßnahmen (insbes. Vorführung und als ultima ratio Erzwingungshaft) anordnen.
Daneben besteht in der Phase des Insolvenzantragsverfahrens regelmäßig die Notwendigkeit, das schuldnerische Vermögen zu sichern und zu klären, ob das schuldnerische Unternehmen fortführungs- und/oder sanierungsfähig ist.
Neben der Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters hat das Gericht verschiedene Möglichkeiten, auf die Erreichung der Ziele des Eröffnungsverfahrens, die Vermögenserhaltung und die Unternehmensfortführung Einfluss zu nehmen.
Das Gericht kann dem Schuldner ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegen, § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 Hs. 1 InsO. Da der Schuldner in diesem Falle sämtliche Verfügungsbefugnis an den vorläufigen Insolvenzverwalter abgibt, wird dieser als "starker" vorläufiger Verwalter bezeichnet. Die Bestellung des "starken" vorläufigen Verwalters ist entgegen dem ursprünglichen Willen des Gesetzgebers in der Praxis der Ausnahmefall geblieben.
Für den sog. "schwachen" vorläufigen Insolvenzverwalter ohne Verfügungsbefugnis hat das Gericht die jeweiligen Befugnisse in dem Bestellungsbeschluss näher zu bestimmen. Gem. § 21 Abs. 2 InsO kann das Gericht anordnen, dass (ggf. bestimmte) Maßnahmen des Schuldners nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters zulässig sind (Zustimmungsvorbehalt als "kleine Schwester" des Verfügungsverbots), § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 Hs. 2 InsO, Maßnahmen der Zwangsvollstreckung zu untersagen oder einstweilen einzustellen, soweit nicht unbewegliche Gegenstände betroffen sind, § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 InsO, eine vorläufige Postsperre, § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 InsO, und – praktisch sehr bedeutsam – neben dem Verwertungsverbot für Absonderungsgüter und nach h.M. auch für Aussonderungsgut durch Gläubiger und vor allem die Ermächtigung des vorläufigen Verwalters zur Einziehung von Forderungen, § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 InsO. Bei einem Beschluss gem. § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 InsO hat der vorläufige Verwalter auch und insbesondere Forderungen einzuziehen, die einem absonderungsberechtigten Gläubiger zur Sicherheit abgetreten sind.
Der vorläufige Insolvenzverwalter ist berechtigt, die Geschäftsräume zu betreten und Einsicht in die Unterlagen des Schuldners zu nehmen, § 22 Abs. 3 InsO. Er hat alle Maßnahmen zum Erhalt des schuldnerischen Vermögens zu treffen.