Angelika Wimmer-Amend, Michael Merten
Rz. 42
In der wirtschaftlichen Krise bestehen neben der Strafandrohung bei Verletzung der Insolvenzantragspflicht in § 15a InsO für den Schuldner bzw. dessen geschäftsführenden Organe sowie für den faktischen Geschäftsführer (§ 14 StGB) weitere, typische strafrechtliche Risiken.
Beschäftigt der Schuldner Arbeitnehmer, macht er sich ggf. dann strafbar, wenn er fällige Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung nicht abführt, § 266a Abs. 1 StGB. Vereinbart der Schuldner vor Fälligkeit mit der Einzugsstelle eine Stundung der Beiträge, schiebt dies die Fälligkeit hinaus. Eine nachträgliche Stundungsvereinbarung führt nicht zum Wegfall der Strafbarkeit. Den Schuldner entlastet es gem. § 266a Abs. 5 StGB, wenn er spätestens im Fälligkeitszeitpunkt der Einzugsstelle schriftlich die Höhe der vorenthaltenen Beiträge mitteilt und darlegt, warum er trotz ernsthaftem Bemühen zu einer fristgemäßen Zahlung nicht in der Lage ist. Der BGH verlagert den Tatbestand überdies vor. Eine Haftung gem. § 266a StGB kann dann eintreten, wenn der Geschäftsführer es unterlassen hat, durch angemessene rechtlich zulässige Maßnahmen einen sich auf den Zeitpunkt der Fälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge abzeichnenden Liquiditätsengpass vorzubeugen.
Darüber hinaus hat der wirtschaftlich schwache Schuldner bei dem Neuabschluss von Verträgen, wie z.B. Bestellungen, zu beachten, dass er ohne die Offenbarung seiner finanziellen Lage gegenüber dem Vertragspartner einen Eingehungsbetrug begeht, wenn er zu der Zahlung nicht in der Lage ist, § 263 StGB. Auch der Versuch ist gem. § 266 Abs. 2 StGB strafbar.
Rz. 43
Eine weitere Gefahr sich strafbar zu machen, besteht für den Schuldner in der Steuerhinterziehung gem. §§ 370 Abs. 1 Nr. 2, 33 AO. Bereits die Nichtabgabe einer Steuererklärung in der vorgeschriebenen Frist löst den Tatbestand aus. Auch wenn der Schuldner keine Umsatzerlöse oder Einkünfte mehr erzielt, ist er zur Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldungen sowie der Umsatz- und Einkommensteuererklärung innerhalb der vorgegebenen Fristen verpflichtet. Der steuerliche Berater haftet u.U. nach § 34 AO.
Rz. 44
Auch den anwaltlichen Berater trifft im Hinblick auf die insolvenzstrafrechtlichen Normen eine besondere Verantwortung, da gerade seine kundige Beratung dem Schuldner bestimmte Bankrotthandlungen erst ermöglicht. Eine rein rechtliche objektive Beratung ist nicht strafbar, wenn der Berater nicht damit rechnen musste, dass der Beratene die Auskünfte in strafbarer Weise verwendet. Übernimmt der Berater ein Buchführungs- oder Bilanzierungsmandat in eigener Verantwortung, so entfällt seine Täter- oder Teilnehmerhaftung erst und nur dann, wenn er rechtzeitig das Mandat niederlegt.