Rz. 10

Gemäß § 72 ZPO kann eine Partei, die für den Fall des ihr ungünstigen Ausgangs des Rechtsstreits einen Anspruch auf Gewährleistung oder Schadloshaltung gegen einen Dritten erheben zu können glaubt oder für diesen Fall den Anspruch eines Dritten besorgt, dem Dritten den Streit verkünden verbunden mit der Aufforderung, dem Rechtsstreit auf ihrer Seite beizutreten.

 

Beispiel:

Versicherung D hat eine Maklerbüro B-GmbH beauftragt, den Abschluss zum Kauf eines Bürohauses für sie herbeizuführen. Für die B-GmbH ist bei den Gesprächen pp. mit und gegenüber der D immer M aufgetreten.

Die B-GmbH schickt nach erfolgreicher Vermittlung eine Rechnung, die D auch sogleich bezahlt. Kurze Zeit später erhält die D von M persönlich eine Rechnung, wobei M behauptet, er habe nicht für die B-GmbH, sondern im eigenen Namen gehandelt. Falls M die D im Klagewege auf Zahlung des berechneten Maklerhonorars in Anspruch nimmt, betrifft dies mittelbar auch die B-GmbH, da klar ist, dass die D nur einmal für die in Rede stehende Maklerleistung zahlen muss.

D kann daher der B-GmbH den Streit verkünden, weil sie im Fall ihres Unterliegens gegen M von der B-GmbH das bereits gezahlte Honorar als ungerechtfertigte Bereicherung gem. § 812 Abs. 1 BGB zurückverlangen kann.

 

Rz. 11

Die Streitverkündung hat gem. § 74 ZPO die gleiche Folge wie die Nebenintervention und zwar unabhängig davon, ob der Streitverkündete tatsächlich dann dem Rechtsstreit beitritt oder nicht (vgl. § 74 Abs. 2 ZPO). Im Ergebnis bedeutet das gem. §§ 74, 68 ZPO praktisch, dass der Streitverkündete in dem späteren etwa nachfolgenden Regressprozess so behandelt wird, als wenn er Partei des ersten Verfahrens gewesen und damit an das Prozessergebnis und alle seine Feststellungen gebunden wäre. Nur sofern und soweit er keinen Einfluss auf den ersten Prozess nehmen konnte oder sein Vortrag dort nicht berücksichtigt wurde, weil er sich in Gegensatz zu der Hauptpartei, die ihm den Streit verkündet hat, gestellt hat, bleibt der erste Prozess ohne Auswirkung. Eine Streitverkündung ist also immer dort zulässig und zweckmäßig, wenn in einem Rechtsstreit die Interessen dritter Personen berührt werden. In diesem Zusammenhang ist sie in § 841 ZPO bei der Einziehung von gepfändeten und überwiesenen Forderungen sogar zwingend vorgeschrieben. Dem Schuldner ist in diesem Fall der Streit zu verkünden. Voraussetzung ist auch für die Streitverkündung ein noch nicht rechtskräftig abgeschlossener, anhängiger Rechtsstreit. Der Rechtsstreit muss sich nicht in der ersten Instanz befinden. Die Streitverkündung ist damit auch in der Berufungs- oder Revisionsinstanz möglich. Der Streitverkündungsempfänger heißt Streitverkündeter, die Partei, von der die Streitverkündung ausgeht, Streitverkünder.

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