A. Hauptintervention

 

Rz. 1

Bei der Hauptintervention handelt es sich um eine in der Praxis ganz seltene Klage, mit der ein am Rechtsstreit nicht beteiligter Dritter einen ihm zustehenden Anspruch gegen beide Streitparteien des schwebenden Rechtsstreits geltend macht, § 64 ZPO.

 

Beispiel:

A verlangt im Klageweg als angeblicher Eigentümer von B die Herausgabe eines Motorrades. E hat zufällig von dem Rechtsstreit erfahren und ist darüber entsetzt, da das Motorrad nach ihrer Meinung noch immer ihr selbst gehören würde. Ihren Eigentumsanspruch kann sie durch eine gegen beide Parteien gerichtete Interventionsklage (dazu nachfolgend) bei dem Gericht geltend machen, bei dem in erster Instanz das Klageverfahren von A gegen B anhängig gemacht wurde.

Durch die Interventionsklage mischt sich also ein zumindest prozessual bisher unbeteiligter Dritter in einen schwebenden Rechtsstreit zwischen anderen Personen ein, weshalb man diese Klage auch Einmischungsklage nennt.

I. Voraussetzungen

 

Rz. 2

Voraussetzung der Hauptintervention ist damit,

dass ein anderer Prozess rechtshängig ist, der noch nicht rechtskräftig entschieden ist,
dass ein an diesem Prozess nicht beteiligter Dritter die Sache oder das Recht, das Gegenstand des Rechtsstreits ist, für sich in Anspruch nimmt.

Die Klage richtet sich dabei regelmäßig gegen beide Parteien des Rechtsstreits, wobei gegen denjenigen, der im Rechtsstreit seinen angeblichen Anspruch geltend macht, Feststellungsklage zu erheben sein wird, gegen den anderen Leistungsklage. Im obigen Bsp. müsste E im Wege der Feststellungsklage gegen A feststellen lassen, dass sie Eigentümerin des Motorrades ist und von B im Wege der Leistungsklage die Herausgabe verlangen.

II. Zuständigkeit

 

Rz. 3

Wie bereits gesagt, ist zuständig für die Entscheidung über die Hauptintervention das Gericht, bei dem der Hauptprozess in erster Instanz anhängig gemacht wurde.

 

Rz. 4

Muster 1: Interventionsklage

 

Muster: Interventionsklage

Interventionsklage

der Rechtsanwaltsfachangestellten Andrea Siebenstern, Hauptstr. 15, 55116 Mainz, Interventionsklägerin, gegen

1. Johann Müller Peter-Altmaier-Ufer 19, 56068 Koblenz,

Kläger und Interventionsbeklagter,

2. Gerd Meier Große Bleiche 66, 55116 Mainz,

Beklagter und Interventionsbeklagter

Namens und in Auftrag meiner Mandantin erhebe ich Interventionsklage und werde beantragen,

1. den Beklagten zu 2) zu verurteilen, das Motorrad Marke Suzuki GS 400, Kennzeichen MZ-HB 457, Fahrgestellnummer 123765987, an die Interventionsklägerin herauszugeben,
2. gegenüber dem Interventionsbeklagten zu 1) festzustellen, dass das Eigentum an dem im Klageantrag zu 1) genannten Motorrad der Interventionsklägerin zusteht,
3. die Kosten des Verfahrens den Beklagten aufzuerlegen,
4. das Urteil für vorläufig vollstreckbar zu erklären.

Begründung:

Zwischen den Beklagten schwebt beim AG Mainz unter dem Aktenzeichen 1 C 546/19 ein Rechtsstreit, in dem der Kläger vom Beklagten die Herausgabe des im Klageantrag näher bezeichneten Motorrades verlangt.

Beweis: Beiziehung der Akten 1 C 546/19 AG Mainz

Tatsächlich ist Eigentümerin des Motorrades jedoch nicht der Kläger in jenem Rechtsstreit, sondern die Interventionsklägerin. Dies ergibt sich aus dem Kfz.-Brief Nummer 345654, ausgestellt von der Stadtverwaltung Mainz am 12.3.2016.

Beweis: Kfz.-Brief, K 1

Die Interventionsklägerin hatte das Motorrad dem Beklagten lediglich geliehen.

Die Klage ist damit begründet.

(Unterschrift)

III. Verfahren

 

Rz. 5

Durch die Hauptintervention wird der Hauptintervenient zu einer eigenständigen Prozesspartei, die alle prozessualen Handlungen eigenständig vornehmen kann. Besonderheiten hinsichtlich des weiteren Verfahrensablaufs ergeben sich nicht.

B. Nebenintervention

 

Rz. 6

Während in der Konstellation der Hauptintervention ein Dritter aufgrund zumeist eigener Initiative als eigenständige Partei in das Verfahren eintritt, um eigene rechtliche Interessen gegen beide Parteien des ersten Rechtsstreits zu verfolgen, erfolgt der Beitritt zum Verfahren mit der Nebenintervention zwar ebenfalls aus rechtlichem Interesse (§ 66 ZPO), allerdings nur zur Unterstützung einer Partei im eigenen wirtschaftlichen Interesse der Vermeidung eines späteren Regressanspruchs gegen sich selbst. Dabei ist unbeachtlich, ob der Beitritt völlig aus freien Stücken oder nach einer Streitverkündung erfolgt.

I. Voraussetzungen

 

Rz. 7

Auch im Fall der Nebenintervention ist gem. § 66 ZPO Voraussetzung, dass ein Rechtsstreit anhängig und noch nicht rechtskräftig entschieden ist. Außerdem muss der Beitretende ein rechtliches Interesse am Obsiegen der Partei haben, der er beitritt.

 

Beispiel:

Großhändler G hat Einzelhändler E eine Maschine geliefert, die dieser wiederum dem K weiterverkauft hat. K verklagt E nunmehr wegen angeblicher Sachmängel auf Minderung des Kaufpreises.

Hier hat G ein rechtliches Interesse an einem Verfahrensbeitritt zur Unterstützung des E, weil ansonsten E im Unterliegensfall eventuell Gewährleistungsansprüche gegen ihn geltend machen könnte. Die Nebenintervention wäre also zulässig.

II. Verfahren

 

Rz. 8

Der Beitritt als Nebenintervenient erfolgt durch Einreichung eines Schriftsatzes, der die Bei...

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