Rz. 2
Tipp: Unterschreiten des Sicherheitsabstandes
Unterschreitet das dem Betroffenen nachfolgende Messfahrzeug unmittelbar vor der Messung den Sicherheitsabstand, kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich der Betroffene bedrängt gefühlt und deshalb die Geschwindigkeit überschritten hat. Dann ist zumindest die Regelbuße herabzusetzen und individuell zu prüfen, ob der Regelfall eines Fahrverbotes vorliegt (AG Kulmbach DAR 2010, 594).
I. Mit nichtgeeichtem justiertem Tacho
Rz. 3
Achtung
Das Verfahren stellt kein standardisiertes Messverfahren dar, weshalb das Gericht eine Verurteilung eingehend begründen muss (KG DAR 2015, 99), was insbesondere für in der Dunkelheit oder bei sonstigen schwierigen Verhältnissen durchgeführten Messungen gilt (KG zfs 2018, 51).
1. Mindestmessstrecke
Rz. 4
Es muss eine Mindestmessstrecke von 500 m (OLG Bamberg DAR 2006, 517) eingehalten werden. Eine Strecke von 300 m reicht nicht aus (OLG Koblenz DAR 1990, 390), erst recht nicht eine solche von nur 200 m (OLG Bamberg DAR 2006, 517). Anderes kann dann gelten, wenn sich der Abstand zwischen den Fahrzeugen vergrößert hat (OLG Düsseldorf NZV 1993, 80).
Auf jeden Fall ist eine zuverlässige Messung nur möglich, wenn die Strecke nicht in Kurven verläuft (AG Mettmann DAR 2013, 220).
Rz. 5
Die Auffassung des OLG Frankfurt (DAR 1997, 285), wonach eine Messstrecke von 250 m ausreichen kann, ist abzulehnen, da die auf einer so kurzen Messstrecke entstehenden Ungenauigkeiten auch nicht mit einem Sicherheitsabzug in Höhe von 20 % der abgelesenen Geschwindigkeit ausgeglichen werden können.
2. Abstand
Rz. 6
Der einzuhaltende Abstand ist abhängig von der gefahrenen Geschwindigkeit. Auf jeden Fall soll er gleich bleiben und nicht zu groß sein (OLG Hamm NJW 1975, 1848; OLG Düsseldorf DAR 1998, 113; OLG Frankfurt NStZ-RR 2002, 19). Er sollte nicht größer als der halbe, im Ausnahmefall der ganze (OLG Celle NZV 2005, 159), Tachowert sein und darf nur unter bestimmten Voraussetzungen überschritten werden (OLG Bamberg DAR 2010, 594). Ein Abstand von 600 m ist in jedem Falle zu groß, um auch nur halbwegs verlässlich die Geschwindigkeit zu messen (BayObLG DAR 1996, 288).
Rz. 7
Will der Richter trotz eines erheblichen Abstandes zwischen messendem und gemessenem Fahrzeug die Messung verwerten, muss er im Urteil nähere Ausführungen zu den Einzelheiten des Ablaufs selbst dann machen, wenn die Messstrecke sehr lang (hier 2.000 m) war und er einen Sicherheitsabschlag von 20 % vorgenommen hat (BayObLG zfs 1996, 314).
Rz. 8
Nach Auffassung des OLG Celle (DAR 2005, 163) ist die Abstandsermittlung allerdings alleine Sache des Tatrichters. Da es selbst eine optische Schätzung des Abstandes - jedenfalls bei unter 100 m liegenden Abständen - auch zur Nachtzeit für möglich hält, lässt es entsprechende amtsrichterliche Verurteilungen unbeanstandet.
3. Sicherheitsabzug
Rz. 9
Bei dieser Messmethode ist ein höherer Sicherheitsabzug vorzunehmen. Die Oberlandesgerichte Oldenburg (zfs 1992, 246) und Celle (DAR 2005, 158) bringen 20 % der ermittelten Geschwindigkeit in Abzug, das OLG Köln (NZV 1991, 202; DAR 2008, 654) 7 % des Tachoendwertes und 12 % der gemessenen Geschwindigkeit.
4. Tipp: Höchster Sicherheitsabzug
Rz. 10
Am günstigsten für den Betroffenen ist ein Abzug von 7 % des Tachoendwertes und 15 % der ermittelten Geschwindigkeit (OLG Saarbrücken zfs 1995, 197; OLG Düsseldorf zfs 1996, 313; NZV 1997, 322).
5. Nachfahrmessung bei Dunkelheit
Rz. 11
Bei Dunkelheit sind Messungen durch Nachfahren besonders schwierig durchzuführen, weil ein gleich bleibender Abstand kaum eingehalten werden kann (OLG Celle DAR 1986, 60; OLG Hamm zfs 2006, 654), insbesondere bei witterungsbedingter schlechter Sicht (OLG Hamm zfs 1999, 84; DAR 2006, 31). So kann z.B. bei einem Verfolgungsabstand von 100 Metern nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass das Scheinwerferlicht des Polizeifahrzeuges ausreicht, um den Abstand sicher zu schätzen (OLG Oldenburg DAR 1996, 291; a.A. OLG Celle NZV 2004, 419).
Deshalb sind hier an die Urteilsbegründung umso höhere Anforderungen zu stellen, je kürzer die Messstrecke war (OLG Hamm DAR 2017, 389).
6. Urteilsbegründung
Rz. 12
Ohne Einsatz technischer Hilfsmittel durchgeführte Nachfahrmessungen gehören nicht zu den standardisierten Messverfahren (OLG Jena DAR 2011, 413). Deshalb muss das Urteil Einzelheiten zum Verfahren enthalten (OLG Hamm DAR 1998, 75; zfs 2002, 404; a.A. BayObLG DAR 1998, 360).
Rz. 13
Das gilt insbesondere für Nachtmessungen. Hier müssen - selbst wenn man ein solches Messverfahren zu den standardisierten Messverfahren zählen wollte - auf jeden Fall von Amts wegen besondere Feststellungen zur Messmethode und zur Messgenauigkeit (OLG Oldenburg DAR 1996, 291; OLG Zweibrücken DAR 2002, 182), insbesondere zu den Beleuchtungs- und Sichtverhältnissen, getroffen werden (OLG Düsseldorf NZV 1999, 138; OLG Hamm NZV 2007, 257; DAR 2017, 385). Insbesondere muss sich aus dem Urteil ergeben, an welchen äußeren Anzeichen die Messbeamten den gleichbleibenden Abstand zum gemessenen Fahrzeug erkannt haben (OLG Düsseldorf DAR 2014, 335).
Rz. 14
Ergeben sich hier Zweifel, reicht ein Sicherheitsabschlag von 15 % bei weitem nicht aus (OLG Hamm...