Rz. 25

Sind den Beteiligten auch keine Behandlungswünsche des Betroffenen bekannt, ist gem. § 1827 Abs. 2 BGB der mutmaßliche Wille zu ermitteln. Der mutmaßliche Wille ist aufgrund konkreter Anhaltspunkte zu ermitteln, wobei insbesondere frühere Äußerungen, ethische oder religiöse Überzeugungen und sonstige persönliche Wertvorstellungen des Betroffenen zu berücksichtigen sind (§ 1827 Abs. 2 S. 2 und 3 BGB). Allerdings kommt die Berücksichtigung eines solchen mutmaßlichen Willen des Betroffenen nur hilfsweise in Betracht, wenn und soweit der wirkliche vor Eintritt der Einwilligungsunfähigkeit geäußerte Wille des Betroffenen nicht zu ermitteln ist. Liegt eine Willensbekundung des Betroffenen vor, bindet sie als Ausdruck des fortwirkenden Selbstbestimmungsrechts den Betreuer. Der Wille des Patienten muss stets beachtet werden, unabhängig von der Form, in der er geäußert wird. Die Willensbekundung für oder gegen bestimmte medizinische Maßnahmen darf vom Betreuer nicht durch einen "Rückgriff auf den mutmaßlichen Willen" des Betroffenen korrigiert werden.[19]

 

Rz. 26

Das weitere Verfahren ist dasselbe wie bei der Ermittlung der Behandlungswünsche, insbesondere auch hinsichtlich des Erfordernisses der betreuungsgerichtlichen Genehmigung bei nichtbestehendem Einvernehmen zwischen Arzt und Betreuer/Bevollmächtigten. Ergeben die Ermittlungen, dass aufgrund fehlender oder nicht bekannter Äußerungen in der Vergangenheit oder nicht bekannte Wertvorstellungen, nicht auf einen mutmaßlichen Willen geschlossen werden kann, darf sowohl der Betreuer/Vorsorgebevollmächtigte als auch der Arzt davon ausgehen, dass der Patient zu der angestrebten ärztlichen Maßnahme seine Einwilligung erteilen würde.

[19] BGH NJW 2003, 1588; BGH NJW 2014, 3572 (3576).

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