Rz. 46

Die Vertretungsbefugnis gem. § 1358 BGB umfasst folgende Angelegenheiten der Gesundheitssorge:

Die Einwilligung/Untersagung in Untersuchungen des Gesundheitszustandes, Heilbehandlungen oder ärztliche Eingriffe (Abs. 1 Nr. 1).
Die Entgegennahme ärztlicher Aufklärungen (Abs. 1 Nr. 1).
Die Einsicht in die Krankenunterlagen und Bewilligung zu deren Weitergabe an Dritte. Um dieses Recht wahrnehmen zu können, sind die behandelnden Ärzte gegenüber dem Ehegatten von der Schweigepflicht entbunden (Abs. 2).

Die Entscheidung über freiheitsentziehende Maßnahmen wie den Einsatz mechanischer Vorrichtungen wie Bettgitter oder Medikamente, sofern die Dauer der Maßnahme im Einzelfall sechs Wochen nicht überschreitet (Abs. 1 Nr. 3).

Der Vertretende benötigt für diese Maßnahme eine betreuungsgerichtliche Genehmigung (Verweis auf § 1831 Abs. 4 i.V.m. Abs. 2 BGB). Auf eine freiheitsentziehende Unterbringung erstreckt sich die Vertretungsmacht dagegen nicht.

 

Rz. 47

Hinsichtlich bestimmter Angelegenheiten der Gesundheitssorge, die auch einen vermögensrechtlichen Einfluss haben, regelt § 1358 BGB auch

die Befugnis zum Abschluss und der Durchsetzung von Behandlungs-, Krankenhausverträgen oder Verträgen über eilige Maßnahmen der Rehabilitation und der Pflege (Abs. 1 Nr. 2).

Nicht genannt, aber in der Akutversorgung erforderlich, wären weitere Verträge wie Werkverträge über Laborleistungen, Anfertigungen von Prothesen und Medizinprodukten. Über eine entsprechende Auslegung sollten solche Verträge allerdings von Abs. 1 Nr. 2 miterfasst sein.[47] Der Abschluss langfristiger Verträge über das Ende des Vertretungsrechts (6 Monate!) hinaus, wie z.B. der Abschluss eines Heimvertrags sind vom Notvertretungsrecht jedoch nicht umfasst.[48]

die Geltendmachung von Ansprüchen des vertretenen Ehepartners gegenüber Dritten (z.B. Versicherungen) und deren Abtretung an die Leistungserbringer (z.B. das Krankenhaus) (Abs. 1 Nr. 4).

In diesem Zusammenhang kann der Ehepartner zwar zum Beispiel Versicherungsleistungen oder Beihilfeansprüche für den Partner geltend machen. Dem vertretenden Ehegatten steht allerdings kein Inkassorecht hinsichtlich der geltend gemachten Leistungen zu. Er darf die geltend gemachten Leistungen entweder an die Leistungserbringer aus dem Krankenhausvertrag oder dem Vertrag über Rehabilitations- oder Pflegeleistungen abtreten oder die Zahlung an den Leistungserbringer verlangen. Er darf keine Zahlung an sich selbst verlangen.[49] Damit wird einem Missbrauch des Vertretungsrechts durch den Ehegatten vorgebeugt. Fraglich ist, ob zur Durchsetzung oben genannter Rechte der vertretende Ehegatte die Post des Vertretenen öffnen darf. Dieses Recht war im 1. Entwurf des Gesetzes vorgesehen, wurde in der weiteren Gesetzesabfassung aber dann gestrichen. Dennoch wird von einem Recht, die einschlägige Post öffnen zu dürfen, auszugehen sein, da ansonsten die Berechtigung nach Abs. 1 Nr. 4 leerlaufen würde.

[47] Lugani, MedR 2022, 91 (96).
[48] Kemper, FamRB 2021, 260 (263).
[49] BT-Drucks 19/24445, 180.

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge