Rz. 785

Im Interesse der Erhaltung des Arbeits- und Rechtsfriedens und der Wichtigkeit der Geheimhaltung von Erfindungen sieht § 28 ArbnErfG für alle Streitfälle aus dem ArbnErfG zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vor Anrufung der Gerichte das Durchlaufen eines Schiedsstellenverfahrens vor. Da die Schiedsstelle nach dem Gesetz zu versuchen hat, eine gütliche Einigung zwischen den Arbeitsvertragsparteien herbeizuführen, kommt ihr somit keine streitentscheidende, sondern eine streitschlichtende Funktion zu (BGH v. 9.1.1964 – Ia ZR 190/63, GRUR 1964, 452 – Drehstromwicklung).

 

Rz. 786

Die Schiedsstelle hat ihren Sitz beim Deutschen Patent- und Markenamt in München. Die Schiedsstelle ist nicht nur zur gütlichen Beilegung von Streitigkeiten aufgrund des ArbnErfG von Beschäftigten der Privatwirtschaft, sondern auch für solche im öffentlichen Dienst (Arbeitnehmer, Beamte, Soldaten) zuständig.

 

Rz. 787

Die Schiedsstelle hat sich z.B. in folgenden Fällen für zuständig erklärt (vgl. Bartenbach/Volz, ArbnErfG, § 28 Rn 21):

Abgrenzung zwischen Diensterfindung und freier Erfindung;
ordnungsgemäße Erfüllung der Meldepflicht;
wirksame (fristgerechte) Inanspruchnahme der Erfindung bzw. des Verbesserungsvorschlages;
die Feststellung des Freiwerdens einer Diensterfindung;
Vergütung bei beschränkter und unbeschränkter Inanspruchnahme;
Anpassung eines Vergütungsanspruches an veränderte Umstände;
Vergütung für einen qualifizierten technischen Verbesserungsvorschlag;
Ansprüche aus unterlassener Inlandsmeldung und unterlassener Freigabe;
Feststellung der Schutzfähigkeit einer betriebsgeheimen Diensterfindung;
Erfüllung der Mitteilungs- und Anbietungspflicht für freie Erfindungen;
Feststellung eines Verstoßes gegen die Unabdingbarkeitsregelung des § 22 ArbnErfG bzw. der Unbilligkeit nach § 23 ArbnErfG;
die Wirksamkeit des Widerspruchs gegen eine Vergütungsfestsetzung nach § 12 Abs. 3 ArbnErfG.
 

Rz. 788

Nicht zuständig ist die Schiedsstelle in folgenden Fällen:

bei Streitigkeiten zwischen Arbeitgeber und Dritten (z.B. freie Erfinder);
bei Streitigkeiten zwischen Arbeitnehmer und Dritten (z.B. Übernehmer einer freigewordenen Diensterfindung oder Betriebserwerber);
bei Streitigkeiten zwischen Arbeitnehmern untereinander (z.B. unter Miterfindern);
in Streitfällen zwischen Arbeitgeber und dem Betriebsrat (z.B. bei der Bestellung eines Erfinderberaters oder bei mitbestimmungsrechtlichen Fragen);
bei allen Streitigkeiten, die nicht "aufgrund des ArbnErfG" erfolgen, d.h. allen Ansprüchen, die sich nicht unmittelbar aus dem Gesetz herleiten lassen, sondern anderweitig ihre Anspruchsgrundlage finden (z.B. Streitigkeiten über einfache technische Verbesserungsvorschläge oder Ansprüche aus freigewordenen oder aufgegebenen Erfindungen, wie auch rein zivilrechtliche Fragen).
 

Rz. 789

Grds. kann mangels Vorliegens eines Streitfalles zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Zuständigkeit der Schiedsstelle auch nicht durch eine diesbezügliche Vereinbarung begründet werden.

 

Rz. 790

Die dem Arbeitgeber eingeräumte Möglichkeit, zur Herbeiführung einer Einigung über die Schutzfähigkeit der Diensterfindung die Schiedsstelle nach § 17 Abs. 2 ArbnErfG anzurufen, ist nur gegeben, wenn der Arbeitgeber die Schutzfähigkeit der Diensterfindung von vornherein nicht anerkennt (BGH v. 29.9.1987 – X ZR 44/86, DB 1988, 496 = BB 1988, 563 – Vinylpolymerisate).

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