Dr. iur. Olaf Lampke, Manfred Ehlers
Rz. 552
Aufgrund der umfassenden Reform des Mutterschutzgesetzes mit Wirkung zum 1.1.2018 wurden etliche Verweisungen im BEEG auf das MuSchG angepasst. Die Elternzeit ist in den §§ 15–21 BEEG des Gesetzes zum Elterngeld und zur Elternzeit (BEEG) geregelt. Der Anspruch auf Elternzeit ist unabhängig von dem sozialrechtlichen Anspruch auf Elterngeld, der in den §§ 1–14 BEEG geregelt ist. Der Anspruch auf Elternzeit kann von den Arbeitsvertragsparteien nicht ausgeschlossen oder beschränkt werden (§ 15 Abs. 2 S. 6 BEEG). Dies verbietet nicht nur nachteilige Vereinbarungen, die den Anspruch auf Elternzeit unmittelbar betreffen, sondern auch solche, die sich auf die arbeitsrechtliche Stellung des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin vor oder nach der Elternzeit nachteilig auswirken (BAG v. 26.11.2003, EzA § 4 TVG Luftfahrt Nr. 8).
a) Anspruchsberechtigung
Rz. 553
Der Kreis der Berechtigten, die einen Anspruch auf Elternzeit haben, ergibt sich aus § 15 Abs. 1 BEEG sowie aus § 15 Abs. 1a BEEG.
Rz. 554
Gem. § 15 Abs. 1 BEEG sind anspruchsberechtigt:
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Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, wobei § 20 Abs. 1 BEEG bestimmt, dass die zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten ebenfalls als Arbeitnehmer i.S.d. BEEG gelten; eine Anrechnung der Elternzeit auf die Berufsbildungszeiten findet nicht statt; Gleiches gilt nach § 20 Abs. 2 BEEG für die in Heimarbeit Beschäftigten und die ihnen Gleichgestellten, soweit sie am Stück mitarbeiten, wenn |
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sie in einem Haushalt leben
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mit dem leiblichen Kind oder |
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mit einem Kind, das sie mit dem Ziel der Annahme als Kind in ihre Obhut genommen haben, oder |
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mit einem Kind des Ehegatten oder Lebenspartners, das sie in den Haushalt aufgenommen haben, oder |
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mit einem Kind während die erklärte Anerkennung der Vaterschaft noch nicht wirksam ist oder über die beantragte Vaterschaftsfeststellung noch nicht entschieden ist oder |
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mit einem Kind, dessen Betreuung sie als Verwandter bis zum dritten Grad, als deren Ehegatte oder Lebenspartner aus einem der in § 1 Abs. 4 BEEG genannten Gründe übernommen haben, oder |
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mit einem Kind, das sie in Vollzeitpflege nach § 33 SGB VIII aufgenommen haben |
und |
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sie das Kind selbst betreuen und erziehen; bei einem leiblichen Kind eines nicht sorgeberechtigten Elternteiles ist die Zustimmung des sorgeberechtigten Elternteiles erforderlich (§ 15 Abs. 1 S. 2 BEEG), Entsprechendes gilt für Personen, die nach § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1b oder Nr. 1c BEEG Elternzeit in Anspruch nehmen. |
Rz. 555
Auch Großeltern können gem. § 15 Abs. 1a BEEG Elternzeit in Anspruch nehmen, wenn sie
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mit ihrem Enkelkind in einem Haushalt leben und |
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dieses Kind selbst betreuen und erziehen
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sofern |
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ein Elternteil des Kindes minderjährig ist oder |
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ein Elternteil des Kindes sich im letzten oder vorletzten Jahr einer Ausbildung befindet, die vor Vollendung des 18. Lebensjahres begonnen wurde und die Arbeitskraft des Elternteiles im Allgemeinen voll in Anspruch nimmt. |
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Rz. 556
Der Anspruch besteht aber gem. § 15 Abs. 1a S. 2 BEEG nur für solche Zeiten, für die keiner der Elternteile des Kindes selbst Elternzeit beansprucht.
Rz. 557
Der Anspruch auf Elternzeit besteht nach wie vor bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes (§ 15 Abs. 2 S. 1 BEEG), wobei die Zeit der Mutterschutzfrist nach § 3 Abs. 2 und 3 MuSchG auf diese Begrenzung angerechnet wird (§ 15 Abs. 2 S. 3 BEEG). Ein Anteil von bis zu 24 Monaten kann zwischen dem vollendetem dritten und vollendetem achten Lebensjahr genommen werden, vgl. § 15 Abs. 2 BEEG, wobei eine Zustimmung des Arbeitgebers nicht mehr erforderlich ist für nach dem 1.7.2015 geborene Kinder. Gem. § 15 Abs. 2 S. 4 BEEG besteht der Anspruch auf Elternzeit für jedes Kind, auch wenn sich die Zeiträume i.S.d. § 15 Abs. 2 S. 1 überschneiden. Dies betrifft die Situation, dass während einer Elternzeit ein weiteres Kind geboren wird ebenso wie die Situation der Mehrlingsgeburt.
Rz. 558
Für Kinder, die vor dem 1.7.2015 geboren wurden, kann ein Anteil von bis zu zwölf Monaten nur mit Zustimmung des Arbeitgebers gem. § 15 Abs. 2 S. 4 BEEG a.F. auch nach der Vollendung des dritten Lebensjahres genommen, nämlich auf die Zeit bis zur Vollendung des achten Lebensjahres des Kindes übertragen werden. Der Arbeitgeber hat bei seiner Entscheidung, ob er der Übertragung zustimmt, billiges Ermessen zu beachten, § 315 BGB (BAG v. 21.4.2009 – 9 AZR 391/08, AuA 2009, 367 = BB 2009, 949).
Rz. 559
Regelungen dazu, innerhalb welchen Zeitraumes der Antrag auf Übertragung gestellt werden muss bei vor dem 1.7.2015 geborenen Kindern, enthält das Gesetz nicht. Richtigerweise wird man im Hinblick auf den Wortlaut sowie mit Blick auf § 16 Abs. 1 BEEG a.F. verlangen müssen, dass der Antrag auf Übertragung jedenfalls vor dem Ende des Elternzeit-Zeitraumes gestellt sein muss, also bevor das Kind drei Jahre alt geworden ist. Für den Umfang der Übertragung kommt es unter Beachtung der gesetzlichen Obergrenze von 12/24 Monaten lediglich darauf an, wie viel der Elternzeit noch nicht in Anspruch genommen wurde (LAG Baden...