Dr. iur. Olaf Lampke, Manfred Ehlers
Rz. 142
→ Leistungsverweigerung (Rdn 1041 ff.).
Eine unwirksame Kündigung führt zwangsläufig zu einem Anspruch auf Annahmeverzugslohn. Ausgehend von den Grundsatzurteilen des 2. Senats (BAG v. 9.8.1984, BAGE 46, 234 = NZA 1985, 119 = NJW 1985, 935; BAG v. 21.3.1985, NZA 1985, 778 = NJW 1985, 2662) gerät der Arbeitgeber nach der st. Rspr. gem. § 296 BGB in Annahmeverzug, wenn er den Arbeitnehmer für die Zeit nach Ablauf der Kündigungsfrist nicht aufgefordert hat, die Arbeit wieder aufzunehmen, ohne dass es zuvor eines (wörtlichen) Arbeitsangebotes des Arbeitnehmers bedarf (vgl. BAG v. 9.3.1995, RzK I 13b Nr. 25; BAG v. 21.1.1993, NZA 1993, 550 = NJW 1993, 2637). Der Nachzahlungsanspruch ist durch eine bezifferte Leistungsklage auf die geschuldete Bruttovergütung geltend zu machen. Das Entgeltausfallprinzip ist nach der arbeitsvertraglich vereinbarten oder – falls diese regelmäßig überschritten wird – nach der tatsächlich praktizierten Arbeitszeit anzuwenden. Bei Arbeitszeitkonten ist dies der Fall, bis zum Ende des Ausgleichszeitraumes.
Zur Möglichkeit der rückwirkenden Begründung eines Arbeitsverhältnisses nach Betriebsübergang und der rückwirkenden Änderung des Umfangs der Arbeitszeit durch Teilzeit vgl. Boecken/Jungbauer, RdA 2017, 216f. Evtl. erhaltene Sozialleistungen sind vor der Auszahlung in Abzug zu bringen, da i.H.d. Sozialleistungen ein Anspruchsübergang nach § 115 SGB X auf den Leistungsträger übergeht (fehlende Aktivlegitimation). Anzurechnen ist der erzielte Zwischenverdienst (§ 615 S. 2 BGB, § 11 Nr. 1 KSchG). Haben die Arbeitsvertragsparteien eine bestimmte Dauer der wöchentlichen und täglichen Arbeitszeit nicht festgelegt, berührt das nicht die Wirksamkeit der vereinbarten Arbeit auf Abruf. Es gelten die zum Schutz des Arbeitnehmers gesetzlich fingierten Arbeitszeiten (§ 12 Abs. 1 S. 3 und 4 TzBfG; BAG v. 24.9.2014 – 5 AZR 1024/12).
Rz. 143
Nach der Rspr. des BAG gerät der Arbeitgeber selbst dann in Annahmeverzug, wenn der Arbeitnehmer zzt. der Erhebung der Kündigungsschutzklage und nachfolgend arbeitsunfähig und damit nicht leistungsfähig ist, falls der Arbeitgeber ihm für den Fall des Wiedereintrittes der Leistungsfähigkeit nicht einen Arbeitsplatz anbietet (BAG v. 9.3.1995, RzK I 13b Nr. 25; BAG v. 21.1.1993, NZA 1993, 550). Ein Anspruch ist gem. § 323 Abs. 1 BGB ausgeschlossen, wenn der Arbeitnehmer nur eine verminderte Arbeitsleistung anbieten kann, weil er gesundheitlich nicht in der Lage ist, alle geschuldeten Arbeitsleistungen zu erbringen (BAG v. 29.1.1992, DOK 1993, 793) und wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer keine vertragsgemäße leidensgerechte Arbeit zuweisen kann (ArbG Kaiserslautern v. 18.10.2007, ArbuR 2008, 161). Kann ein Arbeitnehmer nur noch Arbeiten verrichten, die der Arbeitgeber ihm nicht im Wege des Direktionsrechts zuweisen kann, und überträgt der Arbeitgeber ihm solche Tätigkeiten nicht, gerät der Arbeitgeber deshalb nicht in Annahmeverzug. Unmöglichkeit und Annahmeverzug schließen sich aus (BAGE 131, 325 = ArbR 2010, 41 = BB 2009, 2533). Für die Beurteilung des Leistungsvermögens nach § 297 BGB kommt es auf die objektiven Umstände (sachverständige medizinische Begutachtung) an (BAG v. 29.10.1998, NJW 1999, 3432). Zu beachten ist der (bisher in der Rspr. nur appellativer Charakter) beigemessene § 84 Abs. 2 SGB IX zum betrieblichen Eingliederungsmanagement (LAG Mainz v. 19.7.2007 11 Sa 235/07, n.v.), der für alle arbeitsunfähigen Arbeitnehmer gilt. Eine Pflicht zur Gesundmeldung besteht nicht, wenn der Arbeitnehmer durch Erhebung der Kündigungsschutzklage oder sonstigen Widerspruch gegen die Kündigung seine weitere Leistungsbereitschaft deutlich macht (BAG v. 21.11.1994, DB 1995, 1181).
Rz. 144
Der Arbeitnehmer muss seine Arbeitsleistung gem. der §§ 293 ff. BGB anbieten. Bei Gleitzeiten/Arbeitszeitkonten sollte eine schriftliche Unterauslastungsmeldung erfolgen (Hanau/Hoff, NZA 2015, 1169 ff.). Das tatsächliche Angebot erfolgt durch die Aufsuchung des Arbeitsortes in Arbeitskleidung und der Signalisierung der Arbeitsbereitschaft. Ein wörtliches Angebot genügt, wenn der Arbeitgeber ihm erklärt hat, dass er die Leistung nicht annehmen werde oder wenn zur Bewirkung der Leistung eine Handlung des Arbeitgebers erforderlich ist. So fehlt es an einer zur Verfügungsstellung eines funktionsfähigen Arbeitsplatzes bei einer unrechtmäßigen Kündigung. Wenn der Arbeitgeber mit dem Ausspruch der Kündigung deutlich gemacht hat, dass er dem Arbeitnehmer keine Arbeitsmöglichkeit eröffnen will, z.B. durch Freistellung, (BAG v. 6.9.2006, BAGE 119, 232 = NJW 2007, 2796) oder Hausverbot (LAG Rostock v. 16.10.2007 – 5 Sa 497/05, n.v.; BAG v. 7.12.2005, NJW 2006, 1453), dann ist der Arbeitnehmer neben dem wörtlichen Angebot auch von den ihm obliegenden Anzeige- und Nachweispflichten (z.B. nach § 5 EFZG) befreit (BAG v. 24.11.1994, NZA 1995, 263 = DB 1995, 1181). S. zum dispositiven Charakter und den arbeitsvertraglichen (individuell oder formularmäßigen) Ausschluss des Annahmeverzugs: Zaumseil, A...