Dr. iur. Olaf Lampke, Manfred Ehlers
Rz. 738
Der Arbeitnehmer hat gerade im Hinblick auf die Vergütungspflicht seiner Diensterfindung seinem Arbeitgeber ggü. sowohl aus dem allgemeinen Rechtsgrundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) wie auch kraft des dem Arbeitsverhältnis speziell innewohnenden Fürsorgeaspektes einen notfalls gerichtlich durchsetzbaren Anspruch auf Auskunftserteilung oder gar, und damit weiter gehend, Rechnungslegung.
Rz. 739
Im Verhältnis zum Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers selbst (Hauptanspruch) ist der Anspruch auf Auskunftserteilung bzw. Rechnungslegung naturgemäß lediglich vorbereitender Art und somit Hilfsanspruch (BGH v. 17.5.1994 – X ZR 82/92, GRUR 1994, 898 – Copolyester).
Rz. 740
Die Ansprüche bestimmen sich gem. § 242 BGB nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalles, unter Berücksichtigung der Verkehrsübung und der gewählten Vergütung. Durch die Auskunft soll der Arbeitnehmer in die Lage versetzt werden, den Umfang und die Höhe der ihm zustehenden Vergütung berechnen zu können. Der Anspruch richtet sich auch auf Angaben aller erfindungsrelevanter Produkte, wobei nicht nur Produkte erfasst werden, die unmittelbar auf der Ausführung der Diensterfindung beruhen, sondern auch solche Produkte, die selbst nicht wortsinngemäß oder als abgewandelte Ausführung von der Diensterfindung Gebrauch machen (BGH v. 29.4.2003 – X ZR 186/01, GRUR 2003, 789 – Abwasserbehandlung).
Rz. 741
Der Umfang der Auskunft wird zum einen durch das Kriterium der Zumutbarkeit seitens des Arbeitgebers und zum anderen durch das Kriterium der Erforderlichkeit auf Seiten des Arbeitnehmers bestimmt (BGH v. 16.4.2002 – X ZR 127/99, GRUR 2002, 801 – Abgestuftes Getriebe; BGH v. 13.11.1997 – X ZR 132/95, GRUR 1998, 689 – Copolyester II). Inhaltlich kann daher nicht mehr verlangt werden, als zur Ermittlung der Erfindervergütung benötigt wird. Angaben über den mit dem Gegenstand der Erfindung gemachten Gewinn kann der Arbeitnehmererfinder daher regelmäßig nicht verlangen, wenn er seine Vergütungsansprüche auf der Grundlage der Lizenzanalogie berechnet, da diese für die Berechnung der Lizenz nicht benötigt werden (BGH v. 17.11.2009, GRUR 2010, 223 – Türinnenverstärkung; anders noch BGH v. 13.11.1997 – X ZR 132/95, GRUR 1998, 689 – Copolyester II). Auch kann der Arbeitgeber solche Angaben verweigern, deren Ermittlung für ihn einen unverhältnismäßigen Aufwand bedeuten würde. Ist der Arbeitnehmererfinder nach seinem Ausscheiden für einen Wettbewerber des Arbeitgebers tätig, kann diesem zur Wahrung berechtigter Geheimhaltungsinteressen ein Wirtschaftsprüfervorbehalt zu gewähren sein (OLG Düsseldorf v. 24.10.2013 – I-2 U 63/12).
Rz. 742
Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch bestehen bereits dann, wenn Vergütungsansprüche ernsthaft in Betracht kommen (OLG Düsseldorf v. 8.6.2006, Mitt. 2006, 471 – Strangpressprofil).
Rz. 743
Der Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch erfasst nicht nur Verwertungshandlungen im Inland, sondern auch solche im Ausland. Bei Nutzungen im Konzern kann ein konzernbezogener Auskunftsanspruch bestehen (BGH v. 17.11.2009 – X ZR 137/07, GRUR 2010, 223 – Türinnenverstärkung).
Rz. 744
Grds. besteht die Verpflichtung aus zwei Momenten:
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Zunächst in der Mitteilung der Umstände, deren Kenntnis für den Berechtigten (Arbeitnehmererfinder) zur Beurteilung der Vorgänge unerlässlich ist (Auskunft), also alle Fakten, die zur Bemessung der Vergütungshöhe überhaupt in Betracht kommen; |
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darüber hinaus (vgl. § 259 Abs. 1 BGB) in der geordneten Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben (Unkosten) in verständlicher Form unter Vorlage der verkehrsüblicherweise erforderlichen Belange (Rechnungslegung). |
Rz. 745
Die gerichtliche Geltendmachung dieser auf Auskunftserteilung (einschließlich Rechnungslegung) gerichteten Hilfsansprüche durch den Arbeitnehmer, zusammen mit dem auf entsprechende Vergütung gerichteten Hauptanspruch, erfolgt im Wege der sog. Stufenklage nach § 254 ZPO. Die Zwangsvollstreckung aus einem solchen Titel erfolgt als unvertretbare Handlung nach § 888 ZPO. Der Anspruch verjährt in 30 Jahren (§ 197 BGB), aber spätestens mit dem Vergütungsanspruch.