Dr. iur. Olaf Lampke, Manfred Ehlers
Rz. 1470
Aufgrund des Arbeitsvertrages schuldet der Arbeitnehmer seinem Arbeitgeber gem. § 611 Abs. 1 BGB die "Leistung der versprochenen Dienste". Bleibt er bei der Erfüllung der arbeitsvertraglich übernommenen Verpflichtungen mit seinen Leistungen hinter dem zurück, was er "versprochen" hat oder verletzt er die in § 241 Abs. 2 BGB beschriebenen Rücksichtnahmepflichten, stellt sich die Frage, zu welchen rechtlichen Folgen eine solchermaßen generell umschriebene Schlechtleistung führen kann. Dieselbe Frage stellt sich, wenn die Schlechtleistung schon auf ein Verschulden bei der Vertragsanbahnung zurückzuführen ist (§ 311 Abs. 2 BGB) oder wenn sie darauf beruht, dass der Arbeitnehmer nicht beachtet, was § 242 BGB ganz allgemein gebietet, nämlich die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern. Die Beantwortung dieser Fragen hängt davon ab, wie sich die Schlechtleistung im Einzelnen darstellt und zu welchen tatsächlichen Auswirkungen sie führt. Dass der Arbeitnehmer mit einer Schlechtleistung eine Pflichtverletzung begeht, besagt noch nicht, dass zwangsläufig die in §§ 280 ff. BGB beschriebenen Schadensersatzfolgen ausgelöst werden.
Ein eventueller Schadensersatzanspruch gem. §§ 280 ff. BGB kann in wenigen Fällen i.S.d. § 254 BGB durch ein Mitverschulden des Arbeitgebers zu kürzen sein. Ein solches Mitverschulden sieht das BAG v.a. in einer Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht durch ein Organisationsdefizit. Dem Arbeitgeber werden dabei über § 278 BGB ungenügende Mitarbeiterführungs- und Kontrollmaßnahmen der Vorgesetzten des betreffenden Arbeitnehmers zugerechnet, soweit diese ihrer Sorgfaltspflicht nach Vorkommnissen in der Vergangenheit nicht entsprochen haben (BAG v. 21.5.2015 – 8 AZR 116/14 und 8 AZR 867/13).
Rz. 1471
Die Schlechtleistung kann grob eingeteilt in zwei Erscheinungsformen auftreten:
Die "versprochenen Dienste" selbst können zu bemängeln sein, weil sie unter dem Gesichtspunkt der Arbeitsmenge als Minderleistung einzustufen sind oder weil sie in qualitätsmäßiger Hinsicht "schlecht" sind oder etwa deshalb, weil der Arbeitnehmer eine andere Leistung erbringt als die, zu der er sich nach dem Arbeitsvertrag verpflichtet hat.
Darüber hinaus kann es so sein, dass der Arbeitnehmer bei der Erbringung oder bei Gelegenheit der nach dem Arbeitsvertrag geschuldeten Leistung Schäden herbeiführt, seien es solche, die bei seinem Arbeitgeber, z.B. an Fahrzeugen, Geräten oder Material, auftreten, seien es solche, die er Kunden, Arbeitskollegen oder sonstigen betriebsfremden Dritten, bspw. im Straßenverkehr, zufügt.
Rz. 1472
Als arbeitsrechtliche Reaktionen auf Schlechtleistungen in dem zuvor dargelegten Sinn kommen typischerweise in Betracht:
Kündigung des Arbeitsverhältnisses: Wenn es um die Schlechtleistung in qualitätsmäßiger oder in quantitätsmäßiger Hinsicht geht, wird der Arbeitgeber vielfach vor Ablauf der Probezeit kündigungsrechtliche Konsequenzen ziehen. Für eine im Anwendungsbereich des KSchG auf Schlechtleistung gestützte Kündigung kommt es darauf an, dass die besonderen Anforderungen an das Vorliegen personenbedingter bzw. verhaltensbedingter Gründe (vgl. § 30 Rdn 368 ff.) erfüllt sind. Will der Arbeitgeber eine Schlechtleistung gar zum Anlass für eine außerordentliche Kündigung nehmen, muss die Vertragsverletzung einen "wichtigen Grund" i.S.d. § 626 BGB darstellen (vgl. § 25 Rdn 68).
Geltendmachung von Schadensersatz, § 280 BGB: Führt die Schlechtleistung zu Schäden, kommt die Haftung des Arbeitnehmers hierfür in Betracht. Insoweit ist auf die Darstellung zur Haftung des Arbeitnehmers (Rdn 890 ff.) und zur Mankohaftung (Rdn 1113 ff.) zu verweisen.
Rz. 1473
Fraglich ist, ob der Arbeitgeber auch mit einer Lohnminderung auf eine Schlechtleistung des Arbeitnehmers reagieren kann. Dies lässt sich nicht einheitlich beantworten, sondern hängt letztlich davon ab, wie sich die Schlechtleistung konkret darstellt und wie sie rechtlich einzuordnen ist. Zu beachten ist dabei, dass Bewertungsmaßstab für die "versprochene Dienstleistung" in quantitäts- und qualitätsmäßiger Hinsicht, wenn nicht einzelvertragliche oder kollektivrechtliche Regelungen eingreifen, das persönliche Leistungsvermögen des Arbeitnehmers ist (sog. "Low-Performer-Entscheidung" des BAG v. 17.1.2008 – 2 AZR 536/06; Maschmann, NZA 2006 Beil. 1, 13, 15 f.). Vor diesem Hintergrund gilt Folgendes:
Liegt, auf die Arbeitsmenge oder die Arbeitsqualität bezogen, eine unzureichende Leistung vor, kommt eine Lohnminderung im Hinblick auf die nicht vollwertige Leistung nicht in Betracht, denn das Risiko der Schlechtleistung trägt grds. der Arbeitgeber (vgl. BAG v. 17.9.1998 – 8 AZR 175/97). Der Arbeitnehmer läuft allerdings Gefahr, dass der Arbeitgeber das arbeitsrechtliche "Beendigungsinstrumentarium" in Gang setzt, dass er also nach einer ggf. erfolglosen Abmahnung das Arbeitsverhältnis wegen der Schlechtleistung kündigt.
Stellt sich die Schlechtleistung eher als abgrenzbare Nichterfüllung der versproch...