Dr. iur. Olaf Lampke, Manfred Ehlers
aa) Arbeitsplatzgestaltung
Rz. 1283
Nach der Klausel des § 9 MuSchG trifft den Arbeitgeber die Verpflichtung, bei Beschäftigung einer werdenden oder stillenden Mutter alle erforderlichen Maßnahmen bei der Gestaltung des Arbeitsplatzes zu treffen, die aufgrund der Gefährdungsbeurteilung nach § 10 MuSchG erforderlich sind. Die Maßnahmen sind nach § 9 Abs. 2 MuSchG so auszugestalten, dass Gefährdungen von Mutter und Kind möglichst vermieden werden und eine unverantwortbare Gefährdung ausgeschlossen wird.
Rz. 1284
Bezüglich der Beurteilung der Arbeitsbedingungen verweist § 10 Abs. 1 MuSchG auf § 5 des Arbeitsschutzgesetzes Für jede Tätigkeit hat der Arbeitgeber in Bezug auf die Arbeitsbedingungen:
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Nr. 1: Die Gefährdung nach Art, Ausmaß und Dauer zu beurteilen (Gefahrenbeurteilung) und |
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Nr. 2: Unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Gefahrenbeurteilung nach Nr. 1 zu ermitteln, ob für eine schwangere/stillende Frau oder ihr Kind voraussichtlich Schutzmaßnahmen erforderlich sein werden und/oder eine Umgestaltung der Arbeitsbedingungen nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 erforderlich sein wird oder eine Fortführung der Tätigkeit der Frau an diesem Arbeitsplatz nicht möglich sein wird |
Rz. 1285
Weitere Gestaltungsregelungen für die Beschäftigung werdender oder stillender Mütter enthalten § 9 Abs. 3 MuSchG. Danach ist der Frau Gelegenheit zu kurzen Unterbrechungen der Arbeit zu geben sowie geeignete Bedingungen zu schaffen, dass es der Mutter möglich ist, sich hinzulegen, zu setzen und sich auszuruhen. Ein seit der Neufassung des Gesetzes eingerichteter Ausschuss für Mutterschutz veröffentlicht nach § 30 Abs. 4 MuSchG im Gemeinsamen Ministerialblatt Regeln und Erkenntnisse zur Beurteilung der Arbeitsbedingungen. Diese hat der Arbeitgeber bei seiner Beurteilung zu berücksichtigen (§ 9 Abs. 4 S. 2 MuSchG).
bb) Beschäftigungsverbote
Rz. 1286
Neben den Beschäftigungsverboten innerhalb der Schutzfristen von sechs Wochen vor gemäß § 3 Abs. 1 MuSchG und acht bis 12 Wochen nach der Entbindung gem. § 3 Abs. 2 MuSchG verlängert sich die Schutzfrist nach der Geburt auf 12 Wochen bei Frühgeburten, Mehrlingsgeburten sowie auf Antrag bei einem Kind mit Behinderung.
Rz. 1287
Bei jeder Entbindung vor dem errechneten Zeitpunkt, unabhängig davon, ob es sich um eine "Frühgeburt" handelt, wird die "nicht verbrauchte" Zeitspanne der vorgeburtlichen Schutzfrist der Schutzfrist nach der Entbindung entsprechend zugefügt, vgl. § 3 Abs. 2 S. 3 MuSchG. Dadurch wird bewirkt, dass die Schutzfristen vor und nach der Entbindung in jedem Fall insgesamt 14 Wochen, bei Früh- und Mehrlingsgeburten 18 Wochen betragen. Zum Begriff der Frühgeburt sei auf die Entscheidung des BAG v. 12.3.1997 (NZA 1997, 764 = DB 1997, 1337) verwiesen.
Rz. 1288
Checkliste: Beschäftigungsverbote nach dem MuSchG
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Schwangere(n) und Stillende(n) |
MuSchG |
(1) |
dürfen 6 Wochen vor und 8 bzw. 12 Wochen nach Entbindung nicht beschäftigt werden; |
§ 3 Abs. 1 |
(2) |
dürfen nicht mit Mehrarbeit von mehr als 8,5 Stunden täglich/90 Stunden in der Doppelwoche beschäftigt werden; |
§ 4 Abs. 1 |
(3) |
muss eine ununterbrochene Ruhezeit von 11 Stunden gewährt werden; |
§ 4 Abs. 2 |
(4) |
dürfen nicht in der Nacht zwischen 20 und 6 Uhr, bis 22 Uhr, jedoch mit behördlicher Genehmigung nach § 28 MuSchG beschäftigt werden; |
§ 5 Abs. 1 |
(5) |
Dürfen grds. nicht an Sonn- und Feiertagen beschäftigt werden (Ausnahmen in § 6 Abs. 2 MuSchG); |
§ 6 Abs. 1 |
(6) |
dürfen nicht Tätigkeiten übertragen werden, für die nicht aufgrund Gefährdungsbeurteilung erforderliche Schutzmaßnahmen getroffen wurden; |
§ 10 Abs. 3 |
(7) |
dürfen keine Tätigkeiten übertragen werden, für welche unverantwortbare Gefährdungen nicht durch Schutzmaßnahmen ausgeschlossen werden können; |
§ 13 Abs. 1 Nr. 3 |
(8) |
Schwangere dürfen nicht beschäftigt werden, soweit nach ärztlichem Zeugnis Leben oder Gesundheit von Mutter oder Kind bei Fortdauer der Beschäftigung gefährdet ist oder |
§ 16 Abs. 1 |
(9) |
in den ersten Monaten nach der Entbindung die volle Leistungsfähigkeit nicht hergestellt ist und die Arbeiten die Leistungsfähigkeit übersteigen. |
§ 16 Abs. 2 |
Rz. 1289
Durch die Integration der MuSchArbV in das MuSchG ist die MuSchArbV zum 1.1.2018 weggefallen und die Regelungen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitgeber sowie für die Aufsichtsbehörden sind klarer und verständlicher geworden. Über die im MuSchG selbst festgelegten Verbote hinaus ergeben sich damit keine weiteren Beschäftigungsverbote aus der MuSchArbV. Über die Beschäftigungsverbote hinaus enthält § 11 MuSchG einen Katalog unzulässiger Tätigkeiten und Arbeitsbedingungen, insbesondere solche Tätigkeiten, bei denen die Frau
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Gefahrstoffen (Abs. 1), |
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Biostoffen (Abs. 2), |
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physikalischen Einwirkungen (Abs. 3), |
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einer so belastenden Arbeitsumgebung (Abs. 4) oder |
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körperlichen Belastungen oder mechanischen Einwirkungen (Abs. 5) ausgesetzt ist oder sein kann, sodass dies für sie oder ihr Kind eine unverantwortbare Gefährdung darstellt, vgl. § 11 MuSchG mit weiteren Erläuterungen und Konkretisierungen. |
Des Weiteren sind nach § 11 Abs. 6 MuSchG
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Akkordarbeit, |
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Fließarbeit und |
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getakte... |