Dr. iur. Olaf Lampke, Manfred Ehlers
Rz. 567
Elternzeit fällt nicht automatisch bei Vorliegen der Anspruchsberechtigung an, auch gewährt sie nicht der Arbeitgeber kraft seines Direktionsrechtes. Die Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerinnen (auch zur Berufsbildung oder in Heimarbeit Beschäftigte bzw. Gleichgestellte, § 20 BEEG) müssen sie vielmehr bei beabsichtigter Inanspruchnahme vom Arbeitgeber (Auftraggeber, Zwischenmeister) verlangen.
Rz. 568
Hierbei ist Folgendes zu beachten:
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Die wirksame Inanspruchnahme der Elternzeit setzt nach § 16 Abs. 1 S. 1 BEEG voraus, dass sie schriftlich vom Arbeitgeber verlangt wird. |
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Das schriftliche Verlangen muss gem. § 16 Abs. 1 BEEG spätestens 7 Wochen vor Beginn gestellt werden. |
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Zugleich muss erklärt werden, für welche Zeiten innerhalb von zwei Jahren Elternzeit genommen werden soll (§ 16 Abs. 1 S. 1 BEEG). |
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Bei dringenden Gründen ist ausnahmsweise auch eine angemessene kürzere Frist möglich (§ 16 Abs. 1 S. 2 BEEG). |
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Für Zeiten zwischen Vollendung des dritten und achten Lebensjahres muss das schriftliche Verlangen spätestens 13 Wochen vor Beginn gestellt werden. |
Rz. 569
Will die Mutter die Elternzeit unmittelbar nach der Mutterschutzfrist beanspruchen, so wird die Zeit des Mutterschutzes gem. § 3 Abs. 2 und 3 MuSchG auf die siebenwöchige Frist angerechnet, § 16 Abs. 1 S. 4 BEEG.
Rz. 570
Ist das rechtzeitige Verlangen der Elternzeit, die sich unmittelbar an das Beschäftigungsverbot nach der Entbindung anschließen soll, aus einem nicht von dem Arbeitnehmer oder der Arbeitnehmerin zu vertretendem Grund, z.B. wegen einer schweren Erkrankung, nicht möglich, kann das Verlangen nach § 16 Abs. 2 BEEG innerhalb einer Woche nach Wegfall des Hinderungsgrunds rechtswirksam nachgeholt werden. Selbstverständlich kann aus dieser gesetzlichen Regelung nicht etwa geschlossen werden, die Elternzeit müsse im unmittelbaren Anschluss an die Schutzfrist nach der Entbindung genommen werden (BAG v. 17.10.1990, DB 1991, 448 = NZA 1991, 320). In dem Fall, der dem BAG vorlag, war die Klägerin über das Ende der Schutzfrist hinaus arbeitsunfähig erkrankt und hatte Elternzeit erst für die Zeit nach Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit verlangt mit der Folge, dass sie bis dahin vom Arbeitgeber Krankenvergütung beanspruchen konnte.
Rz. 571
Weitergehende Festlegungen als sie § 16 Abs. 1 BEEG vorsieht, nämlich die Erklärung dazu, welche Zeiten innerhalb von zwei Jahren als Elternzeiten in Anspruch genommen werden sollen, brauchen die Eltern zunächst noch nicht zu treffen. Das rechtzeitig vorzubringende Verlangen mit dem gleichzeitig erforderlichen Erklärungsinhalt zur Lage und Dauer der Elternzeit soll dem Arbeitgeber ermöglichen, seine Personalplanung für die Zeit vorzunehmen, für die der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin wegen der Inanspruchnahme von Elternzeit nicht zur Verfügung steht. Das Planungsinteresse des Arbeitgebers liegt auf der Hand, wenn man bedenkt, dass nach § 16 Abs. 1 S. 6 BEEG die Möglichkeit besteht, die Elternzeit auf insgesamt drei Zeitabschnitte zu verteilen. Eine Verteilung auf weitere Zeitabschnitte ist nur mit der Zustimmung des Arbeitgebers möglich § 16 Abs. 1 S. 6 BEEG. Aus Gründen der Planungssicherheit ist der anspruchsberechtigte Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin mit dem Zugang des Elternzeitverlangens beim Arbeitgeber an den verlangten Beginn sowie an die benannte Zeit oder die Zeitabschnitte innerhalb von zwei Jahren gebunden. Eine Arbeitsunfähigkeit unterbricht die Elternzeit nicht (BAG v. 22.6.1988, DB 1988, 2365 = NZA 1989, 13). Ein einseitiger Widerruf des Elternzeitverlangens scheidet aus. Änderungen sind nur einvernehmlich möglich.
Rz. 572
Hat die anspruchsberechtigte Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer frist- und formgerecht Elternzeit verlangt, entsteht die Elternzeit allein durch die das Arbeitsverhältnis insoweit gestaltende Erklärung, ohne dass es auf das Einverständnis des Arbeitgebers ankommt. Der Arbeitgeber muss das Fernbleiben der Arbeitnehmerin bzw. des Arbeitnehmers von dem gewünschten Zeitpunkt an hinnehmen (BAG v. 22.6.1988, DB 1988, 2365 = NZA 1989, 13). Tritt der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin die Elternzeit an, ohne dass ein wirksames Verlangen nach § 16 Abs. 1 S. 1 BEEG vorliegt, etwa weil die Ankündigungsfrist nicht eingehalten worden ist, so riskiert er oder sie arbeitsrechtliche Konsequenzen.
Rz. 573
Hat der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin sich durch die Abgabe der Erklärung zu Beginn und Ende sowie ggf. zu Teilzeiträumen der Elternzeit festgelegt, kann die Elternzeit nur mit Zustimmung des Arbeitgebers vorzeitig beendet oder i.R.d. § 15 Abs. 2 BEEG verlängert werden, § 16 Abs. 3 S. 1 BEEG. Wie das BAG in neuerer Entscheidung festgestellt hat, hat der Arbeitgeber in entsprechender Anwendung des § 315 Abs. 1 BGB nach billigem Ermessen zu entscheiden, ob er die zur Verlängerung der Elternzeit gem. § 16 Abs. 3 S. 2 BEEG erforderliche Zustimmung erteilt (BAG v. 18.10.2011, NZA 2012, 262). Ohne das Erfordernis einer Zustimmung des Arbeitgebers kann die Verlängerung der E...