Dr. iur. Olaf Lampke, Manfred Ehlers
Rz. 233
Liegt ein innerer Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und der beim Unfall ausgeübten Tätigkeit vor, ist für die Feststellung eines Arbeitsunfalls weiter von Bedeutung, dass zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Unfall ein ursächlicher Zusammenhang i.S.e. haftungsbegründenden Kausalität besteht (BSG v. 26.6.2014 – B 2 U 4/13 R).
Rz. 234
Im Gegensatz zur zivilrechtlichen Adäquanztheorie und zur strafrechtlichen Äquivalenz- oder Bedingungstheorie gilt im Sozialrecht ganz überwiegend (und im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung ausschließlich) die richterrechtlich entwickelte Kausalitätstheorie von der "wesentlichen Bedingung", die als Weiterentwicklung der zivilrechtlichen Kausalitätstheorie angesehen werden kann (BSG v. 26.6.2014 – B 2 U 4/13 R; BSG v. 15.8.1996 – 9 RVg 6/94, NJW 1997, 965 = MDR 1997, 375 m.w.N.). Nach dieser Theorie genügt für die Annahme eines ursächlichen Zusammenhanges nicht eine einfache Mitwirkung; vielmehr muss die Mitwirkung wesentlich sein. Das ist nur für eine Bedingung zu bejahen, die im Verhältnis zu anderen, einzelnen Bedingungen nach der Auffassung des praktischen Lebens wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt hat. Liegen mehrere gleichwertige Bedingungen vor, ist jede Bedingung "Ursache" nach der Theorie der wesentlichen Bedingung. Ist allerdings eine Bedingung ggü. anderen besonders bedeutend, ist nur sie die wesentliche Ursache. Der Begriff der wesentlichen Ursache ist ein Wertbegriff.
Rz. 235
Für die Annahme des erforderlichen ursächlichen Zusammenhanges zwischen dem Unfall und der versicherten Tätigkeit (sowie dem Unfall und der Körperschädigung) reicht zwar eine hinreichende Wahrscheinlichkeit aus. Diese ggü. den an den vollen Beweis zu stellenden geringeren Anforderungen an die richterliche Überzeugungsbildung genügen jedoch nur bei der Beurteilung des ursächlichen Zusammenhanges. Alle sonstigen Voraussetzungen müssen nachgewiesen sein, d.h. in so hohem Grad wahrscheinlich sein, dass bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens der volle Beweis als erbracht angesehen werden kann (BSG v. 28.8.1990 – 2 RU 21/90, USK 90, 180). Die haftungsbegründende Kausalität gehört zu den anspruchsbegründenden Tatsachen, für die der Anspruchsteller die objektive Beweislast nach dem allgemeinen Grundsatz trägt, dass die Folgen der Nichtfeststellbarkeit einer Tatsache demjenigen Beteiligten zur Last fallen, der aus der Tatsache ein Recht herleiten will.
Rz. 236
Liegen die o.g. Voraussetzungen vor, ist ein Arbeitsunfall gegeben. Eine Einschränkung des Leistungsanspruches des Arbeitnehmers bzw. seiner Hinterbliebenen, d.h. eine Haftungsprivilegierung des Arbeitgebers nach §§ 104 ff. SGB VII, setzt darüber hinaus einen ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Unfall und dem eingetretenen Körperschaden bzw. dem Tod des Arbeitnehmers voraus (s. Rdn 1615 ff.).