Dr. iur. Olaf Lampke, Manfred Ehlers
Rz. 575
Die rechtswirksam in Anspruch genommene Elternzeit suspendiert für deren Dauer die in § 611 Abs. 1 BGB beschriebenen wechselseitigen Hauptpflichten aus dem Arbeitsverhältnis, d.h. die Arbeitspflicht des Arbeitnehmers und die Vergütungspflicht sowie die Beschäftigungspflicht des Arbeitgebers ruhen während der Elternzeit (BAG v. 23.1.2018, NZA 2018, 653; BAG v. 15.4.2008, NZA 2008, 998). Alle anderen Nebenverpflichtungen bleiben bestehen. Insb. ist darauf hinzuweisen, dass Vergütungsleistungen wie Weihnachtsgratifikationen oder zusätzliches Urlaubsgeld (BAG v.17.5.2011 – 9 AZR 197/10), die nach ihren Anspruchsvoraussetzungen unabhängig von einer Arbeitsleistung zu zahlen sind, sich also nicht als arbeitsleistungsbezogene Sonderzahlungen darstellen, auch an Arbeitnehmer, die sich in der Elternzeit befinden, zu zahlen sind, wenn nicht der Arbeitsvertrag oder etwa eingreifende tarifliche Regelungen den Zahlungsanspruch ausschließen. Entsprechend betont das BAG in einer Entscheidung v. 10.12.2008 die Möglichkeit, dass die Arbeitsvertragsparteien bei der Regelung von Gratifikationszahlungen Ruhenszeiten wie die Inanspruchnahme von Elternzeit anspruchsmindernd berücksichtigen können. Ist aber wie in dem vom BAG entschiedenen Fall eine solche Regelung nicht getroffen bzw. der Zweck der Sonderleistung nicht entsprechend definiert, so kann der Arbeitgeber die Gratifikation nicht mit Blick auf die beanspruchte Elternzeit verweigern (BAG v. 10.12.2008, NJW 2009, 1370 m. zust. Anm. von Dzida, NJW 2009, 1372).
Rz. 576
In einer weiteren Entscheidung hat das BAG festgestellt, die tarifliche Regelung einer besonderen Betriebszugehörigkeitszulage, mit der die in der Vergangenheit geleistete Tätigkeit vergütet sowie auch der in dieser Zeit erreichte Zuwachs an Qualifikation honoriert werde, dürfe Zeiträume, in denen Elternzeit beansprucht wurde, unberücksichtigt lassen (BAG v. 21.5.2008, NZA 2008, 955). Soweit es um die Zahlung von Urlaubsgeld in der Elternzeit geht, ist die Entscheidung des BAG v. 14.8.1996 (NZA 1996, 1204) zu beachten. Danach setzt der Anspruch auf Urlaubsgeld zumindest voraus, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer oder der Arbeitnehmerin im Urlaubsjahr auch Urlaub gewähren kann. Dies sei für volle Kalenderjahre, in denen der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin sich in der Elternzeit befindet, nicht der Fall.
Rz. 577
Sofern in einem Sozialplan für die Höhe der Abfindung u.a. auf die Dauer der Beschäftigung abgestellt wird, dürfen die Betriebsparteien hiervon nicht Zeiten, in denen Elternzeit in Anspruch genommen wurde, ausnehmen (BAG v. 12.11.2002, NZA 2003, 1287; BAG v. 21.10.2003, NZA 2004, 559). Die Herausnahme solcher Zeiten widerspricht den in Art. 6 GG enthaltenen Wertungen, an die auch die Betriebspartien im Rahmen von § 75 Abs. 1 BetrVG gebunden sind (BAG v. 20.1.2009 – 1 AZR 740/07; BAG v. 21.10.2003, NZA 2004, 559).
Rz. 578
In einem qualifizierten Zeugnis darf der Arbeitgeber die Elternzeit eines Arbeitnehmers oder einer Arbeitnehmerin dann erwähnen, wenn sich die Ausfallzeit als eine wesentliche tatsächliche Unterbrechung der Beschäftigung darstellt (BAG v. 10.5.2005, NZA 2005, 1237). Die Elternzeit muss nach Lage und Dauer erheblich sein. Denn in solchen Konstellationen würde durch die Nichterwähnung der Elternzeit in dem Zeugnis bei einem Dritten ein falscher Eindruck über die Tatsachengrundlage der Beurteilung erweckt. Schematische Grenzen zwischen wesentlichen und unbeachtlichen Ausfallzeiten bestehen nicht, maßgeblich sind die Umstände des Einzelfalls (BAG v. 10.5.2005, NZA 2005, 1237: Erwähnung einer Elternzeit von 33,5 Monaten bei einem insgesamt 50 Monate bestehenden Arbeitsverhältnis im Zeugnis ist zulässig).
Darüber hinaus sind im Zusammenhang mit Elternzeit noch folgende Regelungen zu beachten:
Rz. 579
Ein Anspruch auf einen Zuschuss zum Mutterschaftsgeld entfällt für die Zeit, in der Frauen Elternzeit in Anspruch nehmen, sofern sie nicht eine zulässige TzA ausüben (BAG v. 29.1.2003, NZA 2003, 1055). Dies stellt § 22 S. 1 MuSchG klar, es ergibt sich aber bereits aus dem Umstand, dass der Arbeitgeber während der Elternzeit nicht zur Zahlung von Arbeitsentgelt verpflichtet ist (BAG v. 29.1.2003, NZA 2003, 1055).
Rz. 580
Die Auswirkungen der Elternzeit auf den Erholungsurlaub sind in § 17 BEEG geregelt. Der Arbeitgeber ist danach berechtigt, den Erholungsurlaub, der dem Arbeitnehmer oder der Arbeitnehmerin für das Urlaubsjahr zusteht, für jeden vollen Kalendermonat, für den sie Elternzeit nehmen, um ein Zwölftel zu kürzen, § 17 Abs. 1 S. 1 BEEG. Der Arbeitgeber muss dies aber aktiv gegenüber dem Arbeitnehmer erklären. Daraus ergibt sich aber zugleich, dass trotz ruhendem Arbeitsverhältnis während der Elternzeit Urlaubsansprüche entstehen, denn nur ein zunächst einmal entstandener Urlaubsanspruch kann gekürzt werden (BAG v. 17.5.2011, DB 2012, 182). Die in § 17 Abs. 1 S. 1 BEEG vorgesehene Kürzungsmöglichkeit lässt sich auch mit Art. 7 Abs. 1 RL 2003/88/EG vereinbaren. Die Rechtsprechung d...