Rz. 1560

Zum 1.1.2019 hat der Gesetzgeber die Vorschrift des § 9a TzBfG eingeführt, die erstmals einen Anspruch auf zeitlich begrenzte Teilzeitarbeit für einen Zeitraum von mindestens einem Jahr bis maximal fünf Jahre vorsieht (Brückenteilzeit). Anders als bei § 8 TzBfG wird sichergestellt, dass der Arbeitnehmer nach Ablauf dieser Zeit wieder automatisch zu seiner ursprünglich vereinbarten Arbeitszeit zurückkehren kann. Beschäftigt ein Arbeitgeber in der Regel insgesamt mehr als 45 Arbeitnehmer, können diese, sofern ihr Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate bestanden hat, verlangen, dass ihre vertraglich vereinbarte Arbeitszeit (Vollzeit- oder Teilzeitarbeit) für einen im Voraus zu bestimmenden Zeitraum von einem Jahr bis zu fünf Jahren verringert wird. Der neue Anspruch ist – ebenso wie der Anspruch auf zeitlich nicht begrenzte Teilzeitarbeit – nicht an das Vorliegen bestimmter Gründe gebunden (BT-Drucks 19/3452, 1). Die Bundesregierung verfolgt mit der gesetzlichen Erweiterung das arbeits-, gleichstellungs- und familienpolitische Anliegen, dass Arbeitnehmer freiwillig in Teilzeit arbeiten können, aber nicht unfreiwillig in Teilzeitarbeit verbleiben müssen (BT-Drucks 19/3452, 10). Es wird überwiegend auf die Regelung zur zeitlich nicht befristeten Teilzeitarbeit nach § 8 TzBfG verwiesen, sodass im Folgenden nur die Besonderheiten der neuen Vorschrift dargestellt werden.

 

Rz. 1561

Damit der Arbeitnehmer einen Anspruch auf befristete Teilzeitarbeit hat, müssen folgende Voraussetzungen vorliegen:

Das Arbeitsverhältnis muss mindestens seit sechs Monaten bestehen (§ 9a Abs. 1 S. 1 TzBfG).

Zudem muss der Arbeitgeber nach § 9a Abs. 1 S. 3 TzBfG regelmäßig mehr als 45 Arbeitnehmer beschäftigen. Bei der Berechnung des Schwellenwerts findet eine Zählung nach Köpfen statt (Preis/Schwarz, NJW 2018, 3673, 3674; Bayreuther, NZA 2018, 1577, 1579). Auszubildende bleiben nach § 9a Abs. 7 TzBfG unberücksichtigt. Stichtag für die Berechnung ist der erste Tag der Brückenteilzeit (BT-Drucks 19/3452, 18).

Der Arbeitnehmer muss sein Teilzeitbegehren von vornherein für einen festgelegten Zeitraum geltend machen. Dieser Zeitraum muss mindestens ein Jahr und darf höchstens fünf Jahre betragen (§ 9a Abs. 1 S. 2 TzBfG). Der Arbeitnehmer muss sich insoweit bereits in seinem Antrag festlegen (§ 9a Abs. 3 S. 2 TzBfG). Jedoch kann nach § 9a Abs. 6 TzBfG abweichend von § 9a Abs. 1 S. 2 TzBfG durch Tarifvertrag der Rahmen für den Zeitraum der Arbeitszeitverringerung auch zuungunsten des Arbeitnehmers festgelegt werden.

Der Arbeitnehmer muss den Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit, den Umfang der

Verringerung sowie die Dauer der Teilzeit spätestens drei Monate vor dem gewünschten Beginn der Brückenteilzeit gegenüber dem Arbeitgeber geltend machen (§ 9a Abs. 3 TzBfG). Dies reicht in Textform i.S.d. § 126b BGB aus. Das Formerfordernis soll einer erleichterten Beweisführung dienen und Arbeitnehmer vor einer übereilten Geltendmachung der Arbeitszeitverringerung schützen (BT-Drucks 19/3452, 16). Da jedoch schon eine SMS zur Wahrung der Textform ausreicht, erscheint gerade letzteres zweifelhaft (Preis/Schwarz, NJW 2018, 3673, 3675). Für die Anspruchsvoraussetzungen und das Verfahren der Antragstellung werden überwiegend die gleichen Anforderungen wie beim Anspruch aus § 8 TzBfG aufgestellt (BT-Drucks 19/3452, 2, 18). Zur Durchsetzung der befristeten Teilzeittätigkeit verweist § 9a Abs. 3 TzBfG daher auf das Verfahren nach § 8 Abs. 25 TzBfG. Der Arbeitgeber muss also über das Teilzeitverlangen verhandeln, sonst wird er in einem späteren Rechtsstreit mit seinen Argumenten möglicherweise nicht mehr gehört.

 

Rz. 1562

Der Arbeitgeber kann den Antrag des Arbeitnehmers ablehnen, soweit betriebliche Gründe entgegenstehen (§ 9a Abs. 2 S. 1 TzBfG). Es gilt das zu § 8 Abs. 4 TzBfG Gesagte, wonach rationale, nachvollziehbare Gründe ausreichend sind (BT-Drucks 19/3452, 18; BT-Drucks 14/4374, 17).

§ 9a Abs. 2 S. 2 TzBfG sieht weiterhin einen Überforderungsschutz für kleine und mittlere Unternehmen vor. Der Arbeitgeber kann den Teilzeitwunsch des Arbeitnehmers auch ohne Vorliegen betrieblicher Gründe ablehnen, wenn zum Zeitpunkt des Beginns der begehrten Verringerung schon eine bestimmte Quote seiner Belegschaft in Teilzeit nach § 9a Abs. 1 TzBfG beschäftigt ist. In Unternehmen, welche zwischen 46 bis 200 Arbeitnehmer beschäftigen, muss nur einem pro angefangene 15 Arbeitnehmer der Anspruch auf Brückenteilzeit gewährt werden. Angerechnet werden nicht alle Teilzeitbeschäftigte, sondern nur die Arbeitnehmer mit zeitlich begrenzter Teilzeitarbeit nach § 9a Abs. 1 TzBfG (BT-Drucks 19/3452, 18). Dies wird von der Literatur teilweise im Sinne eines effektiven und konsequenten Überforderungsschutzes kritisiert (Preis/Schwarz, NJW 2018, 3673, 3676; Bayreuther, NJW 2018, 1577, 1580). Die "ersten" 45 Arbeitnehmer zählen bei der Berechnung voll mit, sodass sich Unternehmen mit 46 bis 200 Beschäftigten erst dann auf den Überforderungsschutz berufen können, wenn bereits vie...

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