Dr. iur. Olaf Lampke, Manfred Ehlers
Rz. 940
Das aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG hergeleitete allgemeine Persönlichkeitsrecht ist seit Langem in der Rspr. als absolutes Recht i.S.d. § 823 Abs. 1 BGB anerkannt. Es gewährleistet nach der Definition des BVerfG (z.B. Urt. v. 8.7.1997, NZA 1997, 992) die engere persönliche Lebenssphäre und die Erhaltung ihrer Grundbedingungen, die sich durch die anderen Freiheitsgarantien nicht abschließend erfassen lassen. Es verleiht unter anderem jedem das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, also die Befugnis, grds. selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen er persönliche Sachverhalte offenbaren will (BVerfG NZA 1997, 992). In der Entscheidung vom 9.10.2002 (NJW 2002, 3619) betont das BVerfG die "lückenschließende Gewährleistung" des allgemeinen Persönlichkeitsrechts vor dem Hintergrund neuartiger Gefährdungen der Persönlichkeitsentfaltung, die in Begleitung des wissenschaftlich-technischen Fortschritts auftreten. Zum Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gehört auch der sog. Ehrenschutz, der auf den Schutz gegen unwahre Behauptungen und gegen herabsetzende, entwürdigende Äußerungen und Verhaltensweisen und die Wahrung des sozialen Geltungsanspruchs gerichtet ist (BAG v. 16.5.2007, NZA 2007, 1154 = DB 2008, 532). Das BAG hat in seiner Rspr. zur Verletzung des Persönlichkeitsrechts darauf abgestellt, dass ein Schmerzensgeldanspruch des Arbeitnehmers nach §§ 823, 847 BGB nur begründet sein kann, wenn ein schwerer rechtswidriger und schuldhafter Eingriff des Arbeitgebers vorliegt. Auch der BGH (Urt. v. 5.12.1995, DB 1996, 567 = NJW 1996, 984) geht davon aus, dass nur ein schwerwiegender Eingriff in das Persönlichkeitsrecht eine Geldentschädigung rechtfertigen kann, betont aber, Anspruchsgrundlage sei § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1 und 2 GG, die Analogie zu § 847 BGB sei längst aufgegeben.
Rz. 941
Ein "unabweisbares Bedürfnis" für den Ausgleich einer Persönlichkeitsverletzung durch die Zahlung von Schmerzensgeld hat das BAG in einem Fall abgelehnt, in dem der Arbeitgeber die Personalakte seines Arbeitnehmers ohne dessen Wissen dem Arbeitgeber zugänglich gemacht hatte, bei dem sich der Arbeitnehmer beworben hatte. Zur Begründung hat das BAG ausgeführt, eine solche Rechtsverletzung begründe keinen Schmerzensgeldanspruch, wenn sie keinerlei Nachteile verursacht hat und aus der Sicht des Arbeitgebers auch den Interessen des Arbeitnehmers dienen sollte (BAG v. 18.12.1984, DB 1985, 2307 = NZA 1985, 811). Auch in seinem Urt. v. 5.3.1996 hat das BAG bestätigt, dass ein Anspruch auf Schmerzensgeld wegen schuldhafter Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes durch Diskriminierung wegen des Geschlechtes voraussetzt, dass der Eingriff erheblich ist. Ob diese Voraussetzungen vorliegen, sei abhängig vom Grad des Verschuldens, von Art und Schwere der Benachteiligung, von Nachhaltigkeit und Fortdauer der Interessenschädigung sowie von Anlass und Beweggrund des Handelnden (DB 1996, 2627 = NZA 1996, 751). Normalerweise, so das BAG, sei davon auszugehen, dass in der geschlechtsspezifischen Diskriminierung eines Stellenbewerbers eine erhebliche Persönlichkeitsverletzung liege. In dem konkreten Fall scheiterte der Schmerzensgeldanspruch allerdings daran, dass ein Verschulden des Arbeitgebers nicht vorlag, der sich bei der Beförderungsauswahlentscheidung an das Bremer Landesgleichstellungsgesetz gehalten hatte, das der EuGH (v. 17.10.1995, NZA 1995, 1095 = DB 1995, 2172) freilich für europarechtswidrig erachtet hat, s.a. "Gleichbehandlungspflicht" unter Rdn 849 ff.
Rz. 942
Nachdem der früher in § 847 BGB geregelte Schmerzensgeldanspruch durch das Zweite Schadensersatz-ÄndG zum 1.8.2002 in das Allgemeine Schuldrecht nach § 253 Abs. 2 BGB überführt worden ist, hat sich nichts daran geändert, dass ein Entschädigungsanspruch wegen einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts einen schwerwiegenden Eingriff voraussetzt (BAG v. 28.10.2010, NZA-RR 2011, 378; BAG v. 11.12.2014 – 8 AZR 838/13, NZA 2015, 808). Bei Mobbing (s. Rdn 1177 ff.) ist nicht nur ein durch die Mobbinghandlungen verursachter Vermögensschaden auszugleichen, z.B. die Differenz zwischen der wegen der langen Erkrankung nicht mehr gezahlten Arbeitsvergütung und dem erhaltenen Krankengeld. Es kann darüber hinaus auch ein Entschädigungsanspruch (Schmerzensgeldanspruch) wegen der Verletzung des Persönlichkeitsrechts auf deliktischer oder vertraglicher Grundlage, §§ 823 Abs. 1, 253 Abs. 2 BGB, begründet sein. Neben der Haftung des Arbeitgebers für eigenes Tun kommt auch eine Haftung für das Verhalten von Erfüllungsgehilfen nach § 278 BGB oder von Verrichtungsgehilfen nach § 831 BGB in Betracht (BAG v. 16.5.2007, NZA 2007, 1154 = DB 2008, 532). Die Beweislast für die Pflichtverletzung und die Kausalität trägt nach allgemeinen Grundsätzen der Arbeitnehmer. Davon ist auch in Mobbing-Fällen nach Ansicht des BAG (v. 16.5.2007, NZA 2007, 1154 = DB 2008, 532) nicht abzuweichen. Die Voraussetzungen für eine "billige Entschädigung in Geld (Schme...