Dr. iur. Olaf Lampke, Manfred Ehlers
Rz. 778
Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Betriebsinhaber über, tritt dieser nach der zwingenden Vorschrift des § 613a Abs. 1 BGB automatisch in die Rechte und Pflichten aus dem im Zeitpunkt des Überganges bestehenden Arbeitsverhältnis ein, sofern der vom Betriebsinhaberwechsel betroffene einzelne Arbeitnehmer der Überleitung seines Arbeitsverhältnisses auf den Erwerber nicht ausdrücklich bis zum tatsächlichen Betriebsübergang widerspricht.
Rz. 779
Der neue Betriebsinhaber wird nach dieser Vorschrift Schuldner aller bisher entstandenen und fällig gewordenen Ansprüche der Arbeitnehmer aus dem übergegangenen Arbeitsverhältnis. Daneben haftet der bisherige Arbeitgeber für alle Verpflichtungen neben dem neuen Betriebsinhaber gesamtschuldnerisch weiter, soweit diese vor dem Zeitpunkt des Betriebsüberganges entstanden sind und vor Ablauf von einem Jahr zugunsten der Arbeitnehmer fällig werden (§ 613a Abs. 2 BGB).
Rz. 780
Bislang höchstrichterlich noch nicht entschieden ist die Frage, ob unter "Rechten und Pflichten" i.S.d. § 613a Abs. 1 BGB auch solche aus dem ArbnErfG zu verstehen sind, was angesichts des Schutzzweckes der Bestimmung zu bejahen sein dürfte (so LG Düsseldorf v. 13.4.2010, Mitt. 2010, 541 – Beschichtung für Solarabsorber; vgl. auch Bartenbach/Volz, ArbnErfG, § 1 Rn 115; Reimer/Schade/Schippel, ArbnErfG, § 5 Rn 13a).
Rz. 781
Je nachdem, ob ein Arbeitnehmer die Überleitung seines Arbeitsverhältnisses auf den neuen Arbeitgeber hinnimmt oder nicht und ob die Erfindungsrechte an den Betriebserwerber mitübertragen werden oder nicht, sind verschiedene Konstellationen denkbar (Gaul, GRUR 1987, 590; Villinger, GRUR 1990, 169):
Rz. 782
Keine Überleitung: Kommt es weder zu einer Überleitung des bisherigen Arbeitsverhältnisses auf den Betriebsnachfolger noch zu einer Mitveräußerung der Erfindungsrechte im Zuge des Betriebsüberganges, bleiben alle Rechte und Pflichten, insb. diejenigen aus dem ArbnErfG, zum bisherigen Arbeitgeber bestehen. Wird jedoch das Erfindungsrecht mitübertragen, hat der Arbeitnehmererfinder ggü. dem Betriebsnachfolger keinerlei Vergütungsansprüche, sehr wohl aber ggü. seinem alten Arbeitgeber.
Rz. 783
Überleitung: Im Überleitungsfall tritt der Erwerber voll und ganz in die bestehenden Rechte und Pflichten des früheren Betriebsinhabers ein, welcher die Diensterfindung in Anspruch genommen hat und haftet insb. für alle künftig fällig werdenden Vergütungsansprüche des übernommenen Arbeitnehmererfinders.
Rz. 784
Verbleiben der Rechte an der Erfindung beim bisherigen Arbeitgeber: Hier haftet der neue Arbeitgeber ggü. dem übernommenen Arbeitnehmererfinder auch für solche Vergütungsansprüche, die noch vor Betriebsübergang zulasten des alten Arbeitgebers fällig wurden. Ggü. dem bisherigen Arbeitgeber stehen dem Arbeitnehmererfinder jedoch selbst dann keine Vergütungsansprüche mehr zu, wenn derselbe nach Betriebsübergang noch Nutzungshandlungen vornimmt. Ebenso wenig steht dem Arbeitnehmererfinder ein Vergütungsanspruch ggü. dem neuen Arbeitgeber zu, wenn der bisherige Arbeitgeber seinem Nachfolger lediglich ein Nutzungsrecht an der ansonsten bei ihm verbleibenden Erfindung einräumt. Überhaupt kann der neue Arbeitgeber die Erfüllung etwa noch offener, sich aus dem ArbnErfG bzw. dem Arbeitsverhältnis ergebender Pflichten, wie z.B. Meldung, Anbietung, Ergänzung, Unterstützung, Geheimhaltung und dergleichen verlangen. Lediglich vom Betriebsübergang nicht erfasste Arbeitnehmer, also solche, die zum Zeitpunkt des Betriebsinhaberwechsel bereits aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden sind, treffen ggü. dem Betriebsnachfolger keinerlei Verpflichtungen mehr.