Dr. Hans-Patrick Schroeder, Dr. Marcus P. Lerch
Rz. 36
Bei der objektiven Schiedsfähigkeit ist innerhalb des § 1030 Abs. 1 ZPO zwischen vermögensrechtlichen und nichtvermögensrechtlichen Ansprüchen zu differenzieren. Zudem sind gesetzliche Einschränkungen der objektiven Schiedsfähigkeit nach Maßgabe des § 1030 Abs. 2 und 3 ZPO zu beachten.
(1) Vermögens- und nichtvermögensrechtliche Ansprüche (§ 1030 Abs. 1 Sätze 1, 2 ZPO)
Rz. 37
Im Regelfall ist jeder vermögensrechtliche Anspruch schiedsfähig, soweit sich nicht der Staat zum Schutz besonderer Rechtsgüter das Rechtsprechungsmonopol vorbehalten hat.
Nichtvermögensrechtliche Ansprüche sind objektiv schiedsfähig, wenn der Streitgegenstand vergleichsfähig ist. Damit ist ein Großteil der Ehesachen, ebenso wie Kindschafts-, Sorgerechts- und Betreuungssachen nicht schiedsfähig. Schiedsfähig sind dagegen Streitigkeiten, die aus dem Namens- und Persönlichkeitsrecht abgeleitet werden.
Rz. 38
Die Abgrenzung zwischen vermögensrechtlichen und nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten erfolgt nach der herrschenden Meinung im Zweifelsfall anhand des Zweckes, der mit dem geltend gemachten Anspruch verfolgt wird. Der Begriff des vermögensrechtlichen Anspruches ist weit auszulegen. So soll auch ein Widerrufs- oder Unterlassungsanspruch ein vermögensrechtlicher Anspruch i.S.d. § 1030 Abs. 1 Satz 1 ZPO sein, wenn er zum Schutz wirtschaftlicher Interessen geltend gemacht wird. Damit dürften die hier interessierenden Streitgegenstände im Wirtschaftsverkehr regelmäßig nach § 1030 Abs. 1 Satz 1 ZPO als vermögensrechtliche Ansprüche schiedsfähig sein.
(2) Einschränkungen (§ 1030 Abs. 2 und 3 ZPO)
Rz. 39
Eine Einschränkung ergibt sich zunächst aus § 1030 Abs. 2 ZPO für den im Unternehmensverkehr wenig bedeutsamen Vertrag über Wohnraum im Inland.
Darüber hinaus regelt aber § 1030 Abs. 3 ZPO, dass Beschränkungen der objektiven Schiedsfähigkeit aus anderen Gesetzen unberührt bleiben. Nicht schiedsfähig sind u.a.:
Schiedsfähig sind dagegen nach der Aufhebung des § 91 GWB a.F. kartellrechtliche Streitigkeiten sowie insolvenzrechtliche Streitigkeiten wie z.B. Ansprüche der Insolvenzschuldnerin nach Insolvenzanfechtung.
Rz. 40
Umstritten ist die Schiedsfähigkeit von Patentnichtigkeitsklagen, Marken- und Designlöschungsklagen, für die eine ausschließliche gerichtliche Zuständigkeit staatlicher Gerichte besteht. Nach einer vordringenden Auffassung sollen diese Zuständigkeitsvorschriften die Eröffnung des Rechtsweges zu den ordentlichen Gerichten voraussetzen, ohne eine Derogation auszuschließen. Diese Ansicht hat inzwischen Rückhalt in der deutschen Instanzrechtsprechung gefunden. Die Gegenauffassung hält – im Anschluss an die Gesetzesbegründung – die Zuständigkeit staatlicher Gerichte aus Gründen der Sachnähe für zwingend und unabdingbar, da das Patentgericht zur Entscheidung dieser Streitigkeiten eingerichtet wurde und die Nichtigkeit von Patenten nicht der Parteidisposition unterliege.
Für die erste Ansicht spricht die generelle schiedsfreundliche Tendenz des reformierten Schiedsverfahrensrechts, für die Gegenauffassung sprechen die Motive des Reformgesetzes.
Hinweis
Aus Gründen anwaltlicher Vorsicht sollte der Rechtsanwalt von Schiedsvereinbarungen über Streitgegenstände betreffend den Bestand gewerblicher Schutzrechte abraten.
Sonstige Ansprüche aus gewerblichen Schutzrechten, die nicht die Nichtigkeit des Rechts betreffen, sind unabhängig von dieser – in ihrer praktischen Bedeutung untergeordneten – Streitfrage als vermögensrechtlicher Streitgegenstand uneingeschränkt objektiv schiedsfähig nach § 1030 Abs. 1 Satz 1 ZPO.