Dr. Hans-Patrick Schroeder, Dr. Marcus P. Lerch
1. Einleitung des Schiedsverfahrens
Rz. 109
Das Verfahren zur Einleitung des Schiedsverfahrens unterscheidet sich danach, ob das Schiedsverfahren nach den gesetzlichen Vorschriften des Zehnten Buches der ZPO (vgl. Rdn 110) oder aber nach den Regeln einer institutionellen Schiedsordnung (vgl. Rdn 111) eingeleitet werden soll. Die Rechtsfolge der Einleitung des Schiedsverfahrens ist die Schiedshängigkeit, deren Folgen weitgehend der Rechtshängigkeit im staatlichen Gerichtsverfahren entsprechen (vgl. Rdn 112 ff.).
a) Einleitung des Schiedsverfahrens nach den gesetzlichen Vorschriften
Rz. 110
Sofern die Parteien keine Vereinbarung über die Anwendung einer institutionellen Schiedsordnung getroffen haben, wird das Schiedsverfahren durch einen Antrag auf Einleitung des Schiedsverfahrens nach § 1044 ZPO eingeleitet. Der Zeitpunkt des Verfahrensbeginns ist der Zugang des Antrags bei dem Schiedsbeklagten, die Streitigkeit einem Schiedsgericht vorzulegen. Der Antrag muss nach § 1044 Satz 2 ZPO die Bezeichnung der Parteien, den Streitgegenstand und einen Hinweis auf die Schiedsvereinbarung enthalten. Wenn die Parteien nichts anderes vereinbart haben, schließt sich die Konstituierung des Schiedsgerichts nach § 1035 Abs. 3 ZPO als nächster Verfahrensschritt an. Das Schiedsgericht wird dann, wieder vorbehaltlich einer gegenteiligen Parteivereinbarung, eine Frist zur Einreichung der Klageschrift und für die Erwiderung des Beklagten bestimmen (vgl. § 1046 Abs. 1 ZPO). Außer in Fällen hohen Zeitdrucks (z.B. zur Hemmung der Verjährung) ist es zweckmäßig, dass der Schiedskläger die Klage bereits in seinem verfahrenseinleitenden Schriftsatz voll substantiiert.
b) Einleitung des Schiedsverfahrens bei Anwendung der DIS-SchO bzw. der ICC-SchO
Rz. 111
In der Praxis üblicher sind dagegen Schiedsvereinbarungen, nach denen die Schiedsordnung einer Schiedsinstitution den Verfahrenslauf bestimmen soll. Diese regeln die Einleitung des Schiedsverfahrens abweichend von den gesetzlichen Vorschriften. Sowohl bei Anwendung der DIS-SchO als auch der ICC-SchO ist die Einreichung einer Schiedsklage bei der Schiedsinstitution Voraussetzung für die Einleitung des Schiedsverfahrens. Bei der Einreichung der Klage ist ein Kostenvorschuss zu entrichten; ferner muss die Klageschrift bestimmte Anforderungen der Schiedsinstitution erfüllen, um den Beginn des Schiedsverfahrens als Rechtsfolge zu bewirken (vgl. etwa Art. 6.1 DIS-SchO).
Maßgeblicher Zeitpunkt ist dann der Zugang der Klage bei der Schiedsinstitution. Die Konstituierung des Schiedsgerichts beginnt i.d.R. bereits mit der Einreichung der Schiedsklage durch die Benennung eines Parteischiedsrichters für ein Dreierschiedsgericht.
c) Rechtsfolgen der Verfahrenseinleitung
Rz. 112
Bei einem Verfahren vor ordentlichen Gerichten begründet die Klageerhebung grds. die Rechtshängigkeit des Streitgegenstandes. Die Rechtshängigkeit zieht nach § 261 Abs. 3 ZPO nach sich, dass derselbe Streitgegenstand nicht mehr anderweitig rechtshängig gemacht werden kann (sog. Rechtshängigkeitssperre).
Rz. 113
Da § 261 ZPO auf Schiedsverfahren nicht anwendbar ist, führt die Einleitung eines Schiedsverfahrens nicht zur Rechtshängigkeit des Streitgegenstandes. In einem Verfahren vor ordentlichen Gerichten können die Beteiligten aber die Schiedseinrede nach § 1032 Abs. 1 ZPO erheben und so die Durchführung des Verfahrens verhindern. Insoweit führt die Einreichung der Schiedsklage zu einem Ergebnis, das mit der Rechtshängigkeitssperre vergleichbar ist (Abweisung einer Klage als unzulässig).
Rz. 114
Die Einleitung eines Schiedsverfahrens führt zur sog. Schiedshängigkeit. Die Schiedshängigkeit des Streitgegenstandes bewirkt den Vorrang ggü. anderen Schiedsverfahren mit identischem Streitgegenstand. Mit der Schiedshängigkeit tritt zudem eine Vielzahl von Rechtsfolgen ein, die üblicherweise an die Klageerhebung geknüpft sind. Dazu zählen u.a. die Verzinsung von Geldschulden mit Prozesszinsen analog § 291 BGB und insbesondere der Eintritt der Verjährungshemmung. Nach §§ 204 Abs. 1 Nr. 11, 209 BGB ist der Lauf von Verjährungsfristen für den geltend gemachten Streitgegenstand mit der Einleitung des Schiedsverfahrens gehemmt. Die Überprüfung der Zulässigkeit des schiedsrichterlichen Verfahrens durch einen Antrag nach § 1032 Abs. 2 ZPO vor ordentlichen Gerichten hindert die Anhängigkeit des Schiedsverfahrens und damit die verjährungshemmende Wirkung nicht.